Die Tradition wird fortgesetzt!
Yoshi‘s Crafted World ist der neuste Teil der bisher ausschließlich zweidimensionalen Jump & Run Reihe. Ihren Anfang nahm die Serie bei Super Mario auf dem SNES mit Yoshi’s Island. Aber es ist auch Bestandteil einer anderen Tradition, die es nun schon 10 Jahre gibt: 2D Jump & Runs mit außergewöhnlicher Optik. Kirby und das magische Garn hat den Anfang gemacht und nach Yoshis Woolly World kommt nun ein neuer Look, der fast so wirkt, als hätten man die realen Toy Cons in ein Spiel verfrachtet – alles ist wie von Hand gemacht.
Nintendo hat sich einen Look ausgedacht und wieder mal ein Spiel drum herum gebaut. Wie auch bei den beiden eben genannten Spielen kommt die Optik dem Gameplay zugute, da man die ganzen selbst gebauten Sachen im Spiel auch verändern kann. Mal ist es ein gespanntes Gummi, den man lösen muss, damit sich ein Weg offenbart, mal muss man Einzelteile für einen Zug oder eine Rakete suchen, um mit dem fertig gebauten Teil dann ein neues Gebiet erreichen zu können. Sehr kreativ.
Gameplay meets Optik
Wie bei Yoshi-Spielen üblich bewegt man den Helden in einer von acht wählbaren Farben durch verschiedene Levels und muss durch springen und laufen die Hindernisse und Gegner überwinden und das Ziel erreichen. Unterwegs sollte man so viele Grinseblumen wie möglich einsammeln, denn die braucht man, um neue Gebiete auf der Weltkarte freizuschalten. Diese sind zum einen in den Levels selbst mehr oder weniger leicht zu finden und zu erreichen und zum anderen durch Leistungen in den Levels zu erhalten. Sammelt man alle 20 roten Münzen, mindestens 100 goldene Münzen und kommt mit voller Energie ins Ziel, dann gibt es jeweils eine Blume extra.
Im Anschluss kann man die Levels alle auch noch aus der gegenüberliegenden Perspektive und dann auch in umgekehrter Laufrichtung ein weiteres Mal spielen. Auf dem Weg zum Ziel muss man kleine Hunde finden und eine vorgegebene Zeit unterbieten, damit man nochmal bis zu vier Blumen erhält.
Neben laufen und springen kann Yoshi aber noch viel mehr. Mit seiner Zunge kann er die meisten Gegner einfach runterschlucken und zu einem Ei verarbeiten, das sich dann wiederum abschießen lässt, um Gegner zu besiegen oder mit der Umgebung zu interagieren. Dazu hat er noch eine Stampfattacke im Repertoire und kann dank eleganter Beinarbeit durch die Luft flattern. All diese Möglichkeiten muss er einsetzen, um die extrem abwechslungs- und ideenreichen Levels zu bestehen und möglichst viele Sammelgegenstände zu finden.
Neu sind dabei zwei Dinge. Erstens lassen sich auch Dinge im Hinter- und Vordergrund mit Eiern anvisieren, es kommt also ein bisschen 3D Flair in das ansonsten zweidimensionale Gameplay. Zweitens drehen sich die Levels nicht nur beim Spielen des Rückwegs um, es gibt auch immer mal wieder Stellen, in denen man das selbst tun kann. Dann muss man vor Ablauf der vorgegebenen Zeit eine kleine Aufgabe lösen und erhält dafür in der Regel eine Grinseblume. Die ursprüngliche geplante und in Trailern auch ausführlich gezeigte Möglichkeit, den Level quasi beliebig zu drehen, hat es nicht ins Spiel geschafft. Warum das so ist, darüber kann ich nur spekulieren – ich vertraue Nintendo allerdings, hier die richtige Wahl getroffen zu haben.
Eben habe ich schon kurz die Weltkarte erwähnt, die hat aber noch mehr Worte verdient. Denn genauso wie die einzelnen Levels ist die wirklich richtig gut gemacht. Auch wenn es keine versteckten Pfade oder sowas gibt, strotzt sie nur vor Ideen. Statt wie üblich acht Welten mit jeweils acht Levels zu haben, besteht hier ein Gebiet in der Regel aus zwei oder drei Levels und dafür gibt es über 20 Gebiete, die alle einen eigenen Look, bzw. ein eigenes Thema haben. Das hat die Vielfalt überhaupt erst möglich gemacht.
Um mal ein paar Beispiele zu nennen: Origami-Gärten, Dinowüste, Ninjaland und Spektakel mit Makel. Und jedes Gebiet hat auch neben den Levels etwas zu bieten: Unter anderem einen Wunderballautomat bei dem man gegen goldene Münzen Kostüme erhalten kann – allerdings zufällig, da man wie bei einem Kaugummiautomaten vorher nicht weiß, was man zieht. Die Kostüme kann Yoshi dann tragen und sich damit vor Angriffen schützen. Insgesamt gibt es übrigens 173 verschiedene im Spiel. Daneben gibt es noch Kunstgewerke zu sammeln: Hat man ein Gebiet geschafft, dann bekommt man vom Papproboter des Gebiets nach und nach noch Suchaufträge gestellt. In den Levels sind meist im Hintergrund bestimmte Dinge versteckt, die man dann mit einem Ei abschießen muss, um sie in die Sammlung zu bekommen.
Normal ist dir zu schwer?
Bevor ich zur Technik und zum Fazit komme, noch zwei weitere Infos: Zum einen gibt es neben den klassischen Modus auch einen, der sich entspannt nennt. Dann hat Yoshi Flügel und kann damit dauerhaft in der Luft bleiben. Ebenso sind rote Münzen als solche vor dem Einsammeln deutlicher zu erkennen als im normalen Modus. Statt sich nur andersrum zu drehen sind sie tatsächlich vor dem Einsammeln schon rot. Damit wird das an sich schon recht einfache Spiel noch ein wenig zugänglicher.
Außerdem kann man das Spiel auch zu zweit spielen, was weitere Möglichkeiten eröffnet. Entweder beide spielen jeweils alleine und greifen auf das volle Repertoire der Yoshis zurück, oder einer setzt sich auf den Rücken des anderen. Der eine Yoshi kümmert sich dann ums Laufen und Springen und der andere schießt Eier ab. Da man dann auch mehr Eier tragen kann und mehr Energie hat, ist das eine weitere Möglichkeit, einen nicht so geübten Spieler trotzdem mitmachen zu lassen. Ich habe das mit meiner Tochter sehr genossen, auch wenn ihr das Schießen anfangs auch noch zu schwer war. Ist aber auf jeden Fall eine sehr coole Idee.
Der Look macht die Musik!
Und damit komme ich zur technischen Seite des Spiels. Optisch ist es wirklich grandios. Der Look ist frisch, abwechslungsreich und super umgesetzt. Überall tauchen echt wirkende Gegenstände auf und damit ist es sehr gut gelungen, es wie selbst gebastelt aussehen zu lassen. Seien es Strohhalme, Dosen oder andere Dinge – wirklich top. Dazu kommt ein leichter Stop Motion Effekt in den Sequenzen, der das Ganze noch plastischer wirken lässt. Apropos Sequenzen – ich habe noch gar nix zur Geschichte gesagt. Die tut aber auch eigentlich nix zur Sache, bzw. ist austauschbar: Kamek und Baby Bowser wollen Juwelen haben, klauen welche von den Yoshis, verlieren sie dann aber und die Yoshis wollen sie nun zuerst finden, damit die beiden Bösweichte damit kein Chaos anrichten können. Fertig. Vor allem die Dialoge von Bowser und Kamek sind aber gelungen, weil der kleine Giftzwerg vor allem Eltern sehr bekannt vorkommen dürfte…
Nicht zufrieden bin ich mit der Akustik. Die Musik geht in die Richtung von Yoshi‘s Story, ist als eher kindlich und eintönig. Das ist an sich nicht schlecht, aber wenn auch noch dazu kommt, dass es kaum verschiedene Stücke gibt und das Hauptthema gefühlt jeden zweiten Level untermalt, dann ist definitiv was schief gegangen. Schade, wo doch so viel Aufwand in die Optik gesteckt wurde. Zwar habe ich nach dem Spielen durchaus den einen oder anderen Wurm im Ohr, aber das ist eher von der Marke nervig und „wie geht das denn wieder weg?“. SO wie die meisten Kinderlieder eben. 😉
Die Steuerung wiederum ist extrem gelungen, es spielt sich astrein und geht perfekt von der Hand. Lediglich das Zielen in der dritten Dimension kann manchmal etwas frickelig sein, das stört aber kaum. In diesem Bereich, kommt Yoshi‘s Crafted World in meinen Augen sehr nah an die Referenz im Genre heran: Rayman Legends. Die Bewegungen sind präzise und Sprünge sowie das Flattern klappen einwandfrei. Absolut gut!
Der Umfang ist OK. Durchspielen kann man das Spiel in unter zehn Stunden, hat dann aber nur einen Bruchteil der Sammelgegenstände gefunden. Will man wirklich alles haben, dann dauert es deutlich länger. Nicht nur, weil man so viel zu finden hat, sondern weil man dann auch jeden Level mit voller Energie beenden muss. Zum Abschluss also noch was zum Schwierigkeitsgrad. Der ist an sich nicht hoch, auch im klassischen Modus nicht. Der Teufel steckt aber im Detail. Jede Grinseblume zu erreichen, jede rote Münze zu finden und jeden Level mit voller Energie zu beenden, ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Man darf sich dann fast keine Fehler erlauben. Somit bietet es durchaus auch etwas für Leute, die es gerne etwas schwerer haben, ohne dabei aber seine Zugänglichkeit zu verlieren. Das ist ein guter Mittelweg.
Mario meint:
Wer schon meine beiden ersten Eindrücke gesehen hat, der weiß, dass sich meine Meinung nach der Demo schon verändert hat, als ich mehr gespielt habe. Nun bin ich komplett durch und die 180 Grad Drehung ist beinahe komplett. Ich muss zugeben, dass ich Nintendo komplett Unrecht getan habe, was die Qualität des Spiels angeht. Insgesamt ist Yoshis Crafted World in meinen Augen das beste 2D Jump & Run von Nintendo seit ganz langer Zeit. Klar, es ist kaum mit (New) Super Mario Bros. zu vergleichen, wischt in meinen Augen damit aber trotzdem den Boden auf. Selten war ein Spiel so kreativ, abwechslungsreich und optisch einwandfrei wie dieses. Wenn es jetzt noch mehr Abwechslung bei der Musik hätte und es mehr als einen Speicherstand geben würde, gäbe es nichts zu meckern.
Grafik
Sound
Steuerung
Spielspaß
Release
Developer
Publisher
USK
29.03.2019
Good-Feel
Nintendo
6
Singleplayer
Multiplayer
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