Travis schlägt wieder zu!
Es ist lange her, dass Auftragskiller Travis Touchdown seine Abenteuer in Santa Destroy erlebt hat. Er hat sich durch die besten Auftragskiller der USA bis an die Spitze gekämpft und im Nachfolger noch wildere Kämpfe für sich entschieden. Jetzt – Jahre später – lebt Travis zurückgezogen in seinem Trailer in Texas und verbringt seine Tage mit Videospielen und Bier. Und er ist damit sehr glücklich. Bis eines Tages Badman, Vater eines Opfers von Travis, zu ihm kommt, um ihn zu töten.
Bei diesem Kampf werden die beiden in die legendäre Retro-Konsole Death Drive Mk. 2 gezogen, die Travis in seinem Trailer rumstehen und sie bisher nichts ans laufen bekommen hat. Doch Badman hat etwas dabei, was dem mysteriösen Gerät ohne TV-Anschluss gefehlt hat. Und so finden sich die beiden in einem Spiel wieder und müssen es durchspielen, um wieder rauszukommen. Also lassen sie ihre Differenzen hinter sich und machen gemeinsame Sache. Insgesamt sechs Spiele müssen sie beenden, um das anfangs noch unklare Ziel zu erreichen.
Die Spiele sind dabei sehr unterschiedlich, das grundsätzliche Gameplay aber nahezu überall identisch: Travis oder Badman, bzw. wenn man zu zweit spielt beide zusammen, müssen Horden von Gegnern unterschiedlicher Art und Stärke metzeln. Das tut man natürlich mit dem Katana von Travis oder dem Baseballschläger von Badman (der damit eigentlich auch Batman heißen könnte, aber lassen wir das…). Mit einer Taste wird der Standardangriff ausgeführt, hält man die Taste gedrückt, heißt es Dauerfeuer und ab durch die Massen. Mit einer anderen Taste wird der wesentlich stärkere aber auch langsamere Spezialangriff ausgeführt. Daneben kann man noch springen oder ausweichen.
Hat man durch das Besiegen von Gegnern genug Kraft gesammelt, löst ein dreifacher Druck auf die rechte Schultertaste einen besonders verheerenden Angriff aus. Hält man die linke Schultertaste gedrückt, dann lassen sich mit den Aktionstasten verschiedene Dinge tun. Dazu braucht man Spezialchips, die im Spiel zu finden sind und die man dann ausrüsten und auf die Tasten legen kann. Damit können Gegner weggeschleudert, betäubt oder gefangen werden. Ebenso lässt sich Travis so schneller bewegen oder eine Heilung herbeiführen. Mehr Möglichkeiten bietet das Gameplay nicht, weshalb man dem Spiel eine gewisse Eintönigkeit durchaus vorwerfen kann.
Verrücktheit schlägt Gameplay?!
Doch auch wenn das Spiel sehr einfach aufgebaut ist und man abseits von den nach und zu findenden Spezialchips schnell alles beherrscht, kommt die Abwechslung durch die sechs verschiedenen Spiele, die Travis schaffen muss sowie die Sequenzen dazwischen. Während es im ersten Spiel einfach nur darum geht, Gegner zu besiegen, sich in der Mitte dem Zwischenboss und am Ende dem Endboss zu stellen, kommt in den Spielen danach immer ein anderer Kniff hinzu.
So muss man in einem Spiel die Straßen eines Vororts durchqueren, um die Zielvilla zu erreichen. Dazu muss man einzelne Straßenblöcke an bestimmten Stellen drehen, um den Weg freizulegen. In der Villa selbst muss dann wieder gekämpft werden. Dieses Prinzip wiederholt sich ein paar Mal, bevor der Endboss erreicht ist. Dann gibt es noch ein Spiel, in dem man den Mord in einer Villa aufklären muss. Dazu muss man die verschiedenen Räume durch Kämpfe öffnen und Dinge finden, um mit dem Geist des ermordeten zu sprechen. Ist das Rätsel gelöst, offenbart sich auch hier der Endboss.
Im wohl verrücktesten Spiel im Spiel handelt es sich um ein Motorrad-Rennspiel, bei dem es aber nur darum geht, in einer atemberauend komplizierten Gangschaltung so schnell wie möglich den richtigen Gang einzulegen, um schnell genug zu werden. Nach jedem Rennen muss man sich wieder durch eine Horde Gegner prügeln, um ein besseres Getriebe zu erhalten, ohne dass das jeweils nächste Rennen nicht zu schaffen ist. Genau genommen handelt es sich dabei sogar um ein Spiel im Spiel im Spiel, denn Travis, den wir ja spielen ist in einem Spiel im Death Drive und spielt darin das Motorrad-Rennspiel an einer VR Konsole. Verrückt! Es ist sogar ein unvollständiges Spiel dabei, das für das Death Drive geplant war aber nie fertig gestellt wurde. Was man tun muss, um das im Sinne des Großen und Ganzen zu schaffen, also durchzuspielen, verrate ich jetzt nicht.
Gespeichert wird zwischendurch wie gewohnt auf der Toilette, entweder zwischen den Videospielen im Badezimmer des Trailers oder auf Dixie-Klos in den Videospielen. Dabei lädt sich auch die Energie von Travis wieder auf – was wohl jeder nachvollziehen kann, der schon mal verdammt dringend aufs Klo musste. Danach geht’s einem einfach besser!
Doch nicht nur die Abwechslung der Spiele kaschiert gewissermaßen das triviale Gameplay, vor allem das eigentliche Abenteuer von Travis außerhalb des Death Drive hat es in sich. Wenn ein Spiel durchgespielt ist, macht er sich per Motorrad auf die Suche nach dem nächsten Death Ball, das sind die „Module“ der Konsole. Das passiert in Form eines Text-Adventures in grünem 8-Bit-Look. Auch wenn man hier eigentlich nur liest und abseits des regelmäßigen Drückens der A-Taste überhaupt keine Aufgabe als Spieler hat, ist das der wohl genialste Teil des ganzen Abenteuers.
Produzent Suda51 ist ja ohnehin bekannt für verrückte Ideen und Konzepte, hier nimmt er die ganze Welt der Videospiele auf die Schippe. Von Sprüchen über Spiele an sich oder gewisse Publisher oder das Durchbrechen der vierten Wand sowie eine gewisse Selbstkritik an Spielen ist alles dabei. Ein Beispiel: Im zweiten Abschnitt des Text-Adventures wird zunächst klargestellt, dass die Spieler, die ein No More Heroes Spiel kaufen, auf jeden Fall Action wollen und keine Textwüsten. Also muss die Menge an Text im Vergleich zum ersten Abschnitt drastisch reduziert werden. Das tut Travis dann auch so und freut sich hinterher schon darüber, welche Traumnoten das Spiel deshalb bekommen wird.
Aber auch abseits davon gibt es viele geniale Referenzen. Beim Eintritt in die Spielwelt materialisiert Travis beispielsweise wie der T800 nach seiner Zeitreise – natürlich mit der passenden Musik „geliehen“ von Brad Fiedel. Oder: Gefundene Items werden in typischer Zelda-Manier von Travis in die von oben filmende Kamera gehalten – natürlich auch mit passendem Jingle. Und das sind nur einige der vielen Anspielungen. Hier hat das Spiel wie gesagt seine größten Stärken.
Doch all das kann die Schwächen nicht ganz überlagern, da man einfach zu oft und zu viel einfach nur kämpfen muss. Positiv stechen die Bosskämpfe heraus, die wirklich gut gemacht sind und viel Spaß machen. Und es hilft auch, wenn man das Spiel auf einem höheren Schwierigkeitsgrad spielt und die optionalen Level-Ups von Travis und Badman nicht durchführt, denn dann reicht einfaches Schnetzeln durch unüberlegte Tastendrücke nur selten. Doch auch, wenn das eine etwas strategischere Herangehensweise erforderlich macht und es auf jeden Fall herausfordernd ist, bleibt es monoton. Daran ändern auch die verschiedenen Gegnertypen nicht wirklich etwas.
Vor allem, da die beiden ursprünglichen Spiele hier mehr Abwechslung boten, ist es schade, dass man hier vergleichsweise wenig geboten bekommt – wenn auch in meinen Augen bei Weitem nicht so schlimm wie in diversen anderen Tests kritisch angemerkt wurde. Also: Gameplay zwar eher wenig abwechslungsreich, durch die verschiedenen Games im Spiel, die Bosskämpfe und den einstellbaren Schwierigkeitsgrad ist das kein allzu großes Drama. Und: Die Sequenzen zwischen den Spielen sowie die Seitenhiebe und Querverweise machen das Spiel herrlich erfrischend und verrückt.
Technik – hui oder pfui?
Grafisch ist Travis Strikes Again: No More Heries bestenfalls OK. Von den ganz wenigen Videosequenzen und den gewollt auf Retro gemachten Spielumgebungen abgesehen, hat es optisch nur wenig zu bieten, was wirklich ins Auge sticht. Außer natürlich die Text-Adventure-Passagen, die in herrlichem 8-Bit-grün erstrahlen und von entsprechender Musik untermalt werden. Und es läuft sehr flüssig und wird nur selten von Ladezeiten unterbrochen.
Musik und Sounds sind auch insgesamt zwei der Highlights. Das schon angesprochene Jingle aus Zelda und die aus Terminator geklaute Musik werden unterstützt durch moderne und 8-Bit-mäßige Adaptionen der No More Heroes Titelmelodie und vielen weiteren Ohrwürmern. Etwas zu kurz kommt leider die Sprachausgabe. Es gibt nur in ganz wenigen Sequenzen echte Sprache zu hören, alles andere muss man lesen. Beim Text-Adventure ist das zwar logisch, im Rest des Spiels wäre mehr aber richtig gut gewesen. Vor allem die Dialoge mit den Bossen wären dadurch deutlich cooler geworden.
Der Umfang ist mit knapp 10 Stunden auch OK, aber nicht herausragend. Wenn man das Spiel danach nochmal auf der neuen Stufe spielen will, dann lohnt es sich eher. Vor allem, weil man dann auch eine Chance hat, alle der schätzungsweise 100 T-Shirts von Travis im Online-Shop an seinem PC zu kaufen. Und ihr könnt euch auf eine kleine Überraschung am Ende freuen, für die es sich durchaus lohnt, das Spiel bis ganz zum Ende zu spielen. Mehr verrate ich aber nicht.
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Mario meint:
Zusammenfassend kann ich also guten Gewissens sagen, dass Travis Strikes Again: No More Heroes zwar kein sehr gutes oder sogar herausragendes Spiel, aber bei weitem auch nicht so schlecht ist, wie ich es vorher oft gelesen oder gehört habe. Das eher eintönige Gameplay wird durch geschickte Tricks sowie die Retro-Episoden dazwischen abwechslungsreich gestaltet und alles drumherum ist typisch genial für Suda51. Fans von Travis werden bestimmt Spaß haben und sonst vor allem noch Leute, die gerne und viele, insbesondere alte Spiele zocken, weil es für die besonders viel zu entdecken und lachen gibt. Und ich drücke dann jetzt mal die Daumen für Teil 3.
Grafik
Sound
Steuerung
Spielspaß
Release
Developer
Publisher
USK
18.01.2019
Grasshopper Manufacture Inc.
Nintendo
16
Singleplayer
Multiplayer
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