Mit The Legend of Heroes: Trails of Cold Steel III kommt das erste Mal ein Teil des Rollenspiel Epos aus dem Hause Nihon Falcom auf die Nintendo Switch. Fans der Reihe wissen, dass es sich insgesamt um den achten Teil in der Trails Reihe handelt, die ihren Anfang mit Trails in the Sky auf der Playstation Portable machte. Seitdem hat sich einiges getan. Neben einer Sprachausgabe wurde die Grafik stetig verbessert und es kamen zahlreiche neue Charaktere dazu. So ist es auch in Trails of Cold Steel III.
Willkommen in Erebonia
Lasst euch nicht vom Start in das Spiel abschrecken. Dieser ist in meinen Augen immer noch geschickt gemacht und hat doch so seine Probleme. Der Spieler wird ohne großes Tutorial ins Spiel geworfen und findet sich in einer Schlacht wieder. Insgesamt fünf Charaktere sind spielbar, die über unterschiedliche Waffen verfügen. Da wäre Kurt, der mit zwei Schwertern kämpft, Ash hat eine Axt und Altina einen futuristischen fliegenden Roboter, um mal drei Beispiele zu nennen. Doch an dieser Stelle solltet ihr nicht direkt die Flinte ins Korn werfen und verzweifelt aufhören. Denn jeder Spieler versteht an dieser Stelle nur Bahnhof, da wir uns in einer Szene aus einem späteren Kapitel befinden. Dieser Abschnitt dient lediglich als kleiner Hinweis darauf, was euch noch erwartet.
Denn nach der kleinen Sequenz beginnt die Geschichte erst so richtig. Euch erwartet ein langes Intro, in dem ihr die Charaktere und die Welt langsam kennenlernen. Wir befinden uns im Kaiserreich Erebonia, welches in den letzten Jahren mehrere Kriege geführt hat, um sein Land zu vergrößern. Das Spiel spielt dabei etwa anderthalb Jahre nach den Ereignissen von Trails of Cold Steel II. Dementsprechend hat sich vieles verändert. Das beginnt bereits beim Protagonisten Rean Schwarzer. Dieser ist nun Lehrer, obwohl er gerade erst seinen Abschluss gemacht hat.
Gemeinsam mit einer alten Bekannten namens Towa begibt er sich zur Akademie, um seinen neuen Job anzutreten. Da es sich auch bei dem neu errichteten Branch Campus der Thors Militäry Academy um eine Militärschule handelt, sind natürlich auch Leute mit Kampferfahrung vertreten. Das ist auch nötig, denn vor dem Protagonisten liegen schwierige Zeiten mit zahlreichen Feinden.
Starke Charaktere, starke Geschichte
Das führt uns direkt zu dem Punkt, der die Trails Reihe so liebenswert macht. Ich kenne kein Rollenspiel, welches über so viele liebevolle und detaillierte Charaktere verfügt wie dieses. Neben den Hauptcharakteren, die in der Party sind, gibt es eine Vielzahl an Studenten, die ebenfalls ihre Geschichten zu erzählen haben und ein Teil des großen Ganzen sind. Damit aber nicht genug. Auch die Bewohner der Städte und die Antagonisten sind verflochten in einem politischen Epos, der kaum zu überbieten ist. Falcom setzt gefühlt mit jedem Titel noch einmal einen drauf und schafft es aber trotzdem dafür zu sorgen, dass man als Neueinsteiger nicht den Faden verliert.
Denn der Titel begrüßt zahlreiche neue Charaktere wie Juna, Kurt, Ash und Musse. Diese waren genau wie die Neulinge nicht Teil der Ereignisse der ersten beiden Titel. Dennoch werden sie durch das Schicksal in die politischen Intrigen und Spannungen gerissen. Denn bereits am Anfang erfährt man, dass es jeder Zeit zu einem Krieg mit dem Nachbarland Calvard kommen könnte. Immer wieder sieht man auch Zeichen dafür.
Der neue Campus wurde nicht nur zum Spaß errichtet. Vielmehr ist es scheinbar das Ziel, weitere Soldaten auszubilden. Gleichzeitig hat man dafür gesorgt, dass der „Abschaum“ oder die „Problemkinder“ nicht auf die gleiche Schule gehen wie der Kronprinz, um einen schlechten Eindruck zu hinterlassen. Aber das ist tatsächlich nur an der Oberfläche gekratzt. Denn hinter den Kulissen passiert so viel mehr. Vieles davon begreift man tatsächlich erst, wenn man ein zweites Mal in das Abenteuer eintaucht. Doch schon beim ersten Mal kann die Geschichte einen in den Bann ziehen, die dabei nur langsam Fahrt aufnimmt. Das alles ist aber so gewollt. So wir Spannung aufgebaut, ehe es am Ende den krönen Abschluss gibt. Zwar kann ich über das Ende nichts Genaues sagen, aber es setzt der Story in meinen Augen das Sahnehäubchen auf und kommt dabei vollkommen unerwartet.
Mission start!
Wie in jedem Rollenspiel gibt es auch hier Quests. Diese sind aber von der Anzahl überschaubar. Auf einen Schlag bekommen wir in der Regel maximal fünf Aufgaben. Dazu zählen solche, die gemacht werden müssen und andere, die freiwillig erledigt werden können. Zudem sind auf der Karte immer wieder Ereignisse und Aufgaben versteckt. Die Aufgaben gehören zur klassischen Kategorie: Hole bitte eine Blume aus einem Wald oder besiege das gefährliche Monster. Doch das Entscheidende dabei ist, dass jede dieser Aufgaben ein Fragment ist, welches sich oft in das Puzzle der Hauptgeschichte irgendwie einbauen lässt. Selbst bei den freiwilligen Aufgaben kann es durchaus passieren, dass ihr auf einen Charakter trefft, der später noch eine Rolle spielt. So stößt man bei der Suche nach einer Katze im ersten Kapitel auf eine rothaarige Frau. Später stattet diese eine nächtlichen Besuch im Lager ab und veranstaltet dabei ein kleines Feuerwerk.
Gleichzeitig ist man Lehrer an einer Akademie und muss immer wieder den Schülern helfen. So unterstützt man direkt am Anfang dabei, jemanden für einen Musikclub zu finden. Aber damit noch nicht genug. Teilweise verweisen die Aufgaben sogar auf Ereignisse, die im vorherigen Kapitel noch vollkommen nebensächlich erschienen. So stürzt im ersten Kapitel am Abend eine alte Dame und ihr wird von einem jungen Mann geholfen. Auf den ersten Blick erscheint dies wie ein nettes Detail und wir nehmen dies nur beiläufig wahr, wenn es uns überhaupt auffällt. Im späteren Verlauf helfen wir dem jungen Mann bei einer Aufgabe und Rean erinnert sich an genau diese Szene. Das Spiel lädt uns also ein, Teil des Alltags zu werden und durch solche Szenen haben wir das Gefühl, in einer lebendigen Welt zu sein. Es gibt einfach so viel zu erleben, sodass man ohne Probleme auf 100 Stunden Spielzeit kommt. Wer das aber nicht möchte, der macht eben nur die Hauptaufgaben und folgt der Geschichte. Ihr seid eben nicht dazu gezwungen mit jedem Charakter zu sprechen. Doch kommen wir zu einem anderen wichtigen Element von Rollenspielen.
Battle start!
Das Kampfsystem ist in der Regel das Herzstück und entscheidet oft über top oder flop. Denn wir kämpfen nun einmal sehr viel und wollen dabei möglichst viel Spaß haben. Bei der Trails Serie hat dies dazu geführt, dass es immer wieder Neuerungen gab. Im dritten Teil ist beispielsweise das „Order“-System neu hinzugekommen. Dabei handelt es sich um Befehle die für eine gewisse Anzahl an BP eingesetzt werden können. So kann Rean den Angriff aller Gruppenmitglieder für sechs Runden erhöhen oder die Defensive stärken. Das erhöht noch einmal die Komplexität eines eh schon sehr durchdachten rundenbasierten Kampfsystems.
Um mal eine Übersicht über die Möglichkeiten zu geben, möchte ich alle Optionen erklären. Ihr könnt normal Angreifen oder Arts benutzen. Dabei handelt es sich um Zauber, die MP verbrauchen. Was für Zauber ein Charakter kann ist stark davon abhängig, wie ihr ihn aufbaut. Denn es gibt die sogenannten Quartz, mit den man die Charaktere ausrüsten kann. Je nach Element verfügen diese über andere Zauber. So gibt es den Wasserquartz Tear, mit dem man Verbündete heilen kann. Zusätzlich verfügt jeder Charakter über Crafts. Dabei handelt es sich um besondere Angriffe, die CP verbrauchen. CP gibt es für jeden Angriff und auf viele andere Wege. Ab einem gewissen Punkt in der Geschichte können die Charaktere zudem S-Crafts einsetzt. Das sind Superangriffe, die man mit 100 CP oder mehr einsetzen kann. Beim Maximum von 200 CP hat man noch einmal mehr Power. Kombiniert mit der richtigen Order kann man so sehr viel Schaden heraushauen. Aber das Kampfsystem ist noch deutlich komplexer durch besondere Effekte in gewissen Runden und Team- und Gruppenangriffen. Das würde aber den Rahmen sprengen. Natürlich könnt ihr auch Items einsetzen.
Neben den normalen Kämpfen, gibt es hin und wieder die Möglichkeit, einen Mech zu steuern. Hierbei müsst ihr euren Gegner lesen und während einer Haltung auf das richtige Körperteil zielen, um siegreich hervorzugehen. Das führt am Anfang oft zu einigen Fehlversuchen. Doch das ist nicht schlimm. Solltet ihr scheitern, bietet euch das Spiel die Möglichkeit, im Kampf erneut zu starten. Wenn gar nichts mehr geht, könnt ihr den Schwierigkeitsgrad für diesen einen Kampf sogar heruntersetzen. Ich wünschte mir, dass dies mehr Rollenspiele machen würden. Scheitern werdet ihr aber sicherlich nicht wegen der Steuerung. Diese ist dank einer intelligenten Tastenbelegung und zwei Ringmenüs sehr intuitiv und geht schnell von der Hand. Das ist ebenfalls eine Neuerung, die dazu führt, dass die Kämpfe noch dynamischer sind.
Hübsche Animeoptik, bombastischer Soundtrack
Das Spiel überzeugt mit einer soliden Animeoptik. Leider gibt es aber hier und dort ein wenig Flimmern, besonders im Handheld-Modus. Doch insgesamt läuft das Spiel ausgesprochen flüssig und sieht ansehnlich aus. Der Titel profitiert auf der Switch klar davon, dass er nicht einmal annähernd das Maximum aus der PS4 herausgeholt hat. Doch trotzdem steckt in der Landschaft viel Liebe zum Detail und es gibt einiges zu entdecken. Das Spiel sieht eben immer noch einladend aus. Nur liegt der Fokus eben nicht auf der Grafik. Trotzdem sind die vielen Animationen beeindruckend und man versucht immer wieder epische Moment gut in Szene zu setzen.
Das gelingt eben auch wegen einem der besten Soundtracks überhaupt. Ich kenne aus dem Titel keinen Track, der mir nicht gefällt und es gibt zahlreiche Ohrwürmer. Auch außerhalb des Spiels höre ich immer wieder gerne die Musik. Wo andere Spiele vielleicht ein oder zwei gute Tracks aufweisen, kommt Trails of Cold Steel mit über 20. Natürlich gefällt der sehr rocklastige Soundtrack nicht unbedingt jedem, aber er passt zum Kaiserreich, welches durch das Eisen symbolisiert wird. Teilweise wurden auch Klänge von alten Liedern perfekt eingebaut, sodass man als Fan der Reihe aus jüngsten Tagen auch ein wenig nostalgisch wird.
Zudem sind einige Texte mit einer sehr gute englischen Sprachausgabe vertont. Dabei hat NIS America versucht, möglichst viele Leute aus dem alten Cast wieder an Bord zu holen. Dem entsprechend wir Rean immer noch von Sean Chiplock gesprochen, der beispielsweise Revali in Breath of The Wild gesprochen hat. Kurt wird hingegen auch von einem alten bekannten Gesprochen, die wir bereits aus Fire Emblem Three Houses kennen. Denn dort gab Joe Zieja als Claude den Ton an. Man merkt einfach die hohe Qualität, wodurch ich persönlich nicht einmal zu einer japanischen Sprachausgabe wechseln möchte.
Kritik
Vielleicht ist das ein oder andere Mal in mir der Fan durchgegangen, aber trotzdem gibt es auch für mich Punkte, die es zu kritisieren gibt. Fangen wir mit der technischen Seite an. Das Flimmern ist im Hintergrund vorhanden und kann durchaus störend sein, wenn wir gerade mit der Kamera im Flug über das Gelände sind. Vielleicht wird dies mit einem Patch noch gelöst, aber ich fand es ein bisschen schade. Denn ansonsten läuft das Spiel eben ausgesprochen flüssig und sieht dabei anders als viele andere Titel eben nicht bescheiden aus.
Dazu ist es schade, dass nicht mehr Passagen vertont wurden. Gibt Rean endlich mehr Texte, in denen er spricht. Natürlich hat er die meisten Passagen, aber es ist einfach nur seltsam, wenn alle am Reden sind und ich seinen Text lesen muss. Das zerstört so ein bisschen den Fluss. Ich verlange ja nicht einmal, dass alles vertont wird. Denn das wäre eine richtige Mammutaufgabe. Ihr glaubt, dass Xenoblade schon viel Text hatte? Nun Trails of Cold Steel III toppt das sicherlich locker. Der vierte Teil soll dabei noch einmal oben draufsetzen. Umso beeindruckender ist es, dass die Lokalisierung ein Jahr später bereits abgeschlossen ist. Leider gibt es das Spiel aber deswegen auch nur mit englischem Text und nicht auf Deutsch. Das kann durchaus abschreckend sein, da die Story so komplex ist.
Zudem ist der Start vielleicht etwas zu extrem. Muss man wirklich jede Option bereits freigeschaltet haben? Ihr habt ja selber gemerkt, dass ich irgendwann abgebrochen habe, alles zu erklären, was das Kampfsystem ausmacht. Das schreckt halt teilweise ein bisschen ab. Es wäre dementsprechend durchaus möglich gewesen, den Kern auf gewisse Elemente zu legen. Später wird sowieso noch einmal alles Stück für Stück erklärt und dann eben im richtigen Pacing freigespielt.
Vielen Dank an NIS America für das Testmuster.
Matthias meint:
Für mich persönlich ist Trails of Cold Steel III eines der besten Rollenspiele überhaupt. Also gibt der Reihe eine Chance und lasst euch von den Hardcore Fans nicht davon abschrecken, dass ihr eh nichts verstehen werdet. In vielen Moment saß ich ebenfalls mit offenem Mund vor dem Fernseher und habe mich gefragt: Was zur Hölle passiert da gerade? Das gehört einfach dazu und obwohl eine drei im Namen steht, hat Falcom alles darangesetzt, dass man auch als Neueinsteiger eintauchen kann. Also worauf wartet ihr noch?
Grafik
Sound
Steuerung
Spielspaß
Release
Developer
Publisher
USK
30.06.2020
Nihon Falcom
NIS America
12
Singleplayer
Multiplayer
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