
Ein ganz normaler Feierabend…
Ist das nicht schön nach, einen anstrengenden Arbeitstag nach Hause zu kommen?
Kurz vor der Einfahrt unseres Hauses sehen wir das Opfer des unaufmerksamen Autofahrens.
Der Fahrer hatte sich wohl den Baum zu genau angesehen, aber das muss uns erst mal nicht kümmern. Wir haben einen Anruf von unserer Frau erhalten, dass sie im Flughafen feststeckt, da sie das Ticket vergessen hat. Deshalb ist unsere erste Aufgabe, das Ticket zu finden. In diesen Tutorial wird der Spieler gleich in die komplette Spielsteuerung eingeführt, die typisch für das Genre ist. Dazu gehört auch, dass man mit der Taschenlampe, die passenderweise schon in der Garage liegt, die Gegend erkundet. Beim Suchen in der Umgebung ist es möglich, per Tastendruck Gegenstände zu untersuchen. Es ist möglich, das ganze Haus zu durchsuchen und dabei einige Easter Eggs zu entdecken wie zum Beispiel das Spiel Mass Effekt fürs NES. Genauso können bei leuchtenden Objekten, wie ein Bild, wichtige Erinnerungen entdeckt werden, die uns mehr Hintergrundinformationen zu den Protagonisten und seiner noch wunderbar funktionierenden Familie geben soll.
Sobald wir das Haus erkundet und das Ticket gefunden haben, verändert sich plötzlich die Welt und wir finden uns in einer Albtraum-Version des Hauses wieder. Nachdem wir ein Video gesehen haben, in dem wir mit einer Maske bedeckt (die wir vorher schon im Wohnzimmer bestaunen konnten) unsere Frau getötet haben, ergreifen wir daraufhin rasant die Flucht und rasen mit dem Auto gegen den bekannten Baum vom Anfang. Dieses zeitliche Paradoxon und der Grund warum diese Albtraum-Welt überhaupt existiert, wird zumindest im normalen Spiel nie erklärt.
Eine Familien Tragödie
Nach dem Baumkontakt wachen wir wieder in unserem Arbeitszimmer auf, in dem wir das Ticket gefunden haben. Nur das wir immer noch in der Altraumwelt sind.
Und jetzt beginnt das Spiel erst richtig. Wir entdecken im Keller, dass wir unsere Frau wohl für einen satanistischen Ritus geopfert haben. Kurz darauf begegnen wir dieser auch in einer Geist-Form, die ab jetzt bis zum Spielende versuchen wird, uns um die Ecke zu bringen. Sie ist dabei KI- gesteuert und lässt sich nur mit Licht vertreiben.
Unsere Aufgabe ist es jetzt, den Ritus umzukehren und uns mit der Vergangenheit unser Albtraumversion zu beschäftigen. Das treibt uns durch eine kaputte Familiengeschichte, die geprägt ist von der Alkoholsucht und Verwahrlosung des Protagonisten. Weitere Schauplätze neben dem Haus ist eine Psychiatrie und die obligatorische Evil Dead Hütte samt Buch. Dies unterhält und funktioniert in der Altraumspielwelt auch ganz gut, aber der Bezug zur „realen“ Welt erschließt sich für mich ebenso wie das Ende allerdings nicht.
Künstlerische Gestaltung
Die Art und Weise, wie das Spiel innere Probleme oder Schocksituationen präsentiert, ist durchaus kreativ und kratzt leicht an der Oberfläche des Tiefgangs eines alten Silent Hill Spiels. So verlassen wir das Haus nie wirklich, sondern laufen durch ein Bild oder durch Türen, die plötzlich in die Psychiatrie führen oder ein langer Gang, der den Jahre langen Zerfall symbolisieren soll.
Augenschreck und sonstiges Gemecker
Ach du Schreck, bitte nicht! Diese Version des Spiels sieht teilweise stark nach der ersten Hälfe des ersten Jahrzehnt des aktuellen Jahrtausend aus. Auf der anderen Seite wird es auf der deutschen Steam Seite folgendermaßen beworben: Die Unreal-Engine erzeugt eine fotorealistische Umgebung mit dynamischen Lichtern und Schatten, die dich blenden oder in die Finsternis hinunterziehen können.
Das funktioniert so auf der Switch nicht einmal ansatzweise. Teilweise ist das Licht gar nicht da, wo es ein sollte, wenn ich mein Erlebtes mit einem Lets Play der PC Version vergleiche.
Genauso ist es bei der Auflösung. Bei den anderen Versionen kann ich das Gedruckte auf einer Müslipackung lesen, auf der Switch habe ich nur Pixelbrei, was sich zum Glück nicht auf alle, aber leider viele Texturen übertragen lässt. Dieser Umstand schmälert das Spielgeschehen so stark ein, dass ich in der Wertung 10 Punkte abgezogen habe. Die Steuerung und explizit die Kamera ist teilweise sehr träge. Das mag gewollt sein, sorgte bei mir aber vor allem für Frust. Das Design der Objekte ist zweckdienlich. Die Objekte haben kaum eigenen Charakter und sehen teilweise vor allem auf der Switch aus wie die uncanny (bezug auf Uncanny Valley) Versionen eines Artikels aus einem Möbelhauskatalog.
Extended Cut
Dieser wartet mit vier Hommage Enden auf, die alle an bekannte amerikanische Horrorfilme angelehnt sind. Diese haben aber nicht wirklich etwas mit der Story zu tun, sondern geben lediglich mehr Hintergrundinformationen zu den einzelnen Charakteren. Diese Informationen bieten Spielraum für verschiedene Erklärungsmöglichkeiten der Storylücken.
Matthias meint:
Infliction ist ein nettes kleines Horrorspiel für zwischendurch, das für Horrorfans einen kleinen Imbiss bietet. Gameplay, Technik und Story sind nichts Außergewöhnliches, bieten aber genug Kniffe, um für seine Spielzeit von 4 bis 8 Stunden zu unterhalten (zweiter Durchgang mit eingerechnet).
Das Spiel wäre eigentlich auch perfekt für den Handheld allein schon wegen seines Umfangs, wenn da nicht die die katastrophale technische Umsetzung des Spiels wäre. Diese schmälert in meinen Augen den Genuss stark.
Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass jemand, der ernsthaft Interesse an dem Spiel hat, sofern möglich, zu einer anderen Version greifen sollte. Für 18€ kann man deutlich mehr im Umfang und vor allem Umsetzung erwarten.
Grafik
Sound
Steuerung
Spielspaß
Release
Developer
Publisher
USK
02.07.2020
Caustic Reality
Blowfish Studios
18
Singleplayer
Multiplayer
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