
Der Mensch ist ein politisches Wesen, daher gibt es Aufbauspiele so lange die Technik dafür da ist. Sim City, Civilization oder Tropico sind alles Beispiele eines Regelwerkes, das versucht, Gesellschaften zu simulieren und dem Spieler aufzuzeigen, dass die Balance zwischen den Bedürfnissen der Bürger und den Ressourcen, die zur Verfügung stehen, kein Utopia zulässt. Mit Prison Architect wird dieses Konzept neu beleuchtet.
Schwedische Gardinen
Über Gefängnisse wird in unserer Gesellschaft womöglich nicht genug nachgedacht. Es ist seit Generationen Gang und Gäbe, dass man Verbrecher einfach wegsperrt. Was dann mit ihnen passiert, ist den meisten Leuten egal. Der Knast ist eine Taschendimension der Zivilisation, die abweichlerische Subjekte aufsaugt und irgendwann wieder heraus spuckt.
Prison Architect interessiert sich besonders dafür, was dazwischen passiert. Die Aufgabe des Spielers ist es hier, ein Gefängnis zu bauen und zu leiten. Als privates Unternehmen ist man lediglich dazu verpflichtet, seine Insassen eine Zeitlang einzuschließen, das Ziel ist jedoch, dies möglichst profitabel zutun.
Dabei gibt es grob zwei Aspekte des Spiels zu beachten: Zum Einen der Aufbau einer funktionierenden Anlage, in der sowohl die Strom- und Wasserversorgung in jedem Winkel gewährleistet ist, sowie die sichere Verwahrung der Insassen und die Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse.
Ersteres ist komplex genug, dass sich Freunde der Architektur darin austoben können, doch simpel genug, um Einsteiger nicht zu überlasten. So lässt sich das Layout des Komplexes komplett bestimmen hinunter bis zur Inneneinrichtung. Meint man es gut mit den Angestellten oder Insassen, kann man ihnen große Büros, Gemeinschaftsräume und Zellen bauen, und diese luxuriös einrichten. Wer dafür keine Zeit hat, kann allerdings jederzeit auf vorgefertigte Standardräume zurückgreifen und sie dort platzieren, wo sie eben hin passen. Dabei sind dem Spieler nur so viele Grenzen gesetzt, wie er haben will. Lediglich Strom und Wasserversorgung hindern ihn daran, komplett willkürlich zu bauen. Zu jeder Minute hat man die Frage im Hinterkopf, wie man den Raum am geschicktesten erweitert und wo man was oder wen unterbringt. Die Ausführung geht dann aber recht schnell und einfach von der Hand und es gibt wenig Möglichkeiten, einen Anbau zu versauen, wenn man sich ihn einmal gut überlegt hat.
Zweiteres ist jedoch, wo das Spiel richtig in die Tiefe geht. Gefängnis ist nämlich nicht gleich Gefängnis, und vom Zuchthaus bis zur Besserungsanstalt lässt sich hier alles verwirklichen. Wenn man sich zu Beginn seines Unternehmens nämlich eine Frage stellen sollte dann die, wie genau man seine Gefangenen behandeln möchte. Herrscht man mit eiserner Faust über die schwersten Verbrecher der Gesellschaft oder nimmt man sich der kleinen Fische an und bietet ihnen eine neue Chance im Leben? Denn eines macht Prison Architect immer wieder klar: Die Insassen haben Bedürfnisse und diese beginnen bei grundliegender Körperhygiene und Nahrung, und enden noch lange nicht bei sportlicher Betätigung oder Unterhaltung. Wenn man will, kann man also auch Klassenräume und Werkstätten bauen und Programme starten, um den Insassen etwas zu tun zu geben, während sie darauf warten, dass ihnen nun genug Lebenszeit genommen wurde. Der bürokratische Apparat ist zwar teuer und jede Genehmigung kostet Geld, doch kann man mit etwas Schläue dieses auch leicht wieder aus diesen Programmen heraus holen. Dabei darf jedoch auch nicht die Sicherheit vernachlässigt werden. Manche Gefangene schmuggeln Waffen und Ausrüstung, um zu entkommen, während andere unter der Hand Drogen verkaufen. Sicherheitskameras, Wachen und ein Blick in die Akten der Insassen sind daher extrem wichtig.
Kein Konsolengenre
Normalerweise sind Aufbausimulationen eher auf dem PC vertreten, da Tastatur und Maus deutlich komfortabler für das Navigieren von Menüs sind als ein Controller. Die Steuerung von Prison Architect ist jedoch gut gelungen. Mit dem rechten Stick bewegt man dabei die Kamera, während der linke den Mauszeiger bedient. Das Steuerkreuz bedient das Menü, welches zum glück selten so voll ist, dass man lange nach etwas sucht. Manchmal kommt man durchaus etwas durcheinander, doch ist das in einem Spiel wie diesem zu vernachlässigen, da das Tempo insgesamt recht langsam ist. Die Zeit lässt sich zwar nach belieben vorspulen, doch überspringt man damit meist nur die Phasen, in denen man darauf wartet, dass etwas fertig gebaut wird.
Ein anderes Thema ist der Einstieg. Prison Architect hat nicht wirklich ein Turtorial und so ist man als Spieler dazu gezwungen, das meiste selbst heraus zu finden. Für eine Simulation ist das Spiel hier aber doch recht einsteigerfreundlich und erklärt meist ziemlich deutlich, warum gewisse Dinge nicht funktionieren. Dennoch darf man sich nicht zu schade sein, hin und wieder mal auf dem Wiki nachzuschauen, wie gewisse Dinge zu sein haben. Insofern ist der Port gelungen und es gibt kaum einen Grund, sein Gefängnis nicht auch unterwegs mitzunehmen.
Optionsvielfalt
Prison Architect lässt dem Spieler sehr viele Freiheiten darin, wie er sein Spiel gestalten will. Das fängt damit an, dass sich vor dem Beginn viele Elemente einstellen lassen. Die Wahl des Gefängnisleiters gibt einem gewisse Vor- und Nachteile, man kann sein Startgeld bestimmen (oder sogar auf unendlich stellen, wenn einem der Wirtschaftsaspekt egal ist), und sich für oder gegen gewisse Schwierigkeiten sowohl beim Gelände als auch beim Umgang mit Insassen entscheiden.
Es gibt aber auch verschiedene Modi: Der Hauptmodus ist der Gefängnisarchitekt, doch kann man mit dem Gefängnisleitermodus auch einen bereits vorgefertigten Knast übernehmen und diesen weiter ausbauen. Gefängnisgeschichten kommt wohl einen Turtorial am nahesten. Hier werden dem Spieler die Grundlagen der Steuerung und des Spielens erklärt, dazu werden aber auch immer wieder Geschichten über die Gefängnisse und ihre Insassen erzählt. Es ist deutlich, dass dieser Modus zu Beginn gespielt werden will, aufgrund des etwas langsamen Tempos ist es jedoch nicht gerade ein perfektes Turtorial.
Ein DLC erlaubt es einem dazu, in einer Art Survival Modus die Kontrolle eines Insassen in einem der selbstgebauten Gefängnisse zu übernehmen, mit dem Ziel irgendwann zu entkommen. Es ist eine nette Erweiterung des Konzeptes und lässt den Spieler hautnah erleben, was er da geschaffen hat.
Grafik
Zur Grafik lässt sich nicht besonders viel sagen. Die meiste Zeit schaut man auf einen Lageplan seines Gefängnisses. Die Figuren sind alle comicartig abstrakte Darstellungen, wirken aber lebendig genug um den menschlichen Aspekt des Spiels zu verkaufen. Dazu läuft das Spiel jederzeit flüssig und sieht gut aus.
Vielen Dank an Devolver Digital für das Testmuster.
Lukas meint:
Die Idee eines Gefängnisses als unabhängige Parallelgesellschaft ist so naheliegend, dass es überraschend ist, dass erst jetzt jemand darauf gekommen ist. Prison Architect schafft es, dieses Thema durch seine Mechaniken tief zu erkunden und bietet dem Spieler dazu eine Menge an Möglichkeiten, seine Kreativität auszuleben. Wer sich für Aufbauspiele und Architektur interessiert wird hier jedenfalls nicht enttäuscht werden.
Grafik
Sound
Steuerung
Spielspaß
Release
Developer
Publisher
USK
20.08.2018
Double Eleven
Devolver Digital
Ab 12 Jahren
Singleplayer
Multiplayer
[…] Prison Architect beleuchtet die Aspekte, die so ein Gefängnis beachten muss und gibt dem Spieler den Auftrag, eines zu bauen. Welcher Art dieses Zuchthaus am Ende ist, bleibt ihm jedoch frei überlassen. Ob die Knastsimulation gelungen ist, erfahrt ihr in unserem Testbericht. […]