In letzter Zeit habe ich einige Spiele gezockt, die eine emotionale, aber vor allem auch düstere, melancholische Geschichte erzählen. An dieser Stelle möchte ich gerne auf meine Tests zu The Walking Dead Staffel 1 bis 4 sowie The Last Day Of June hinweisen. Das von dem schwedischen Studio Starbreeze entwickelte Brothers: A Tale Of Two Sons schlägt genau in dieselbe Kerbe. Der Titel erschien erstmals 2013, damals noch auf PlayStation 3 und Xbox 360 und wurde im Laufe der Jahre auch auf die aktuellen Konsolen inklusive der Switch portiert. Falls ihr es noch nicht gespielt habt, ist jetzt also eure Gelegenheit!
Eine Geschichte über Verlust und Hoffnung
Ort der Handlung ist eine fiktive, von nordischer Mythologie inspirierten Welt. Protagonisten des Abenteuers sind die beiden Brüder Naia und Naiee. Der Jüngere Naiee musste vor einiger Zeit mit ansehen, wie seine Mutter bei einem Bootausflug ertrank. Seit diesem Moment ist das Leben der Brüder nicht mehr wie vorher und Naiee hat nun große Angst vor Wasser. Und als wenn das Schicksal die Familie nicht schon genug gebeutelt hätte, wird der Vater plötzlich schwer krank und droht zu sterben. Nachdem sie ihn zum örtlichen Arzt gebracht haben, wird schnell klar, dass er dem Vater nicht helfen kann. Einzig das Wasser aus der Quelle vom Lebensbaum scheint jetzt noch zu helfen. Das Problem ist, dass der Lebensbaum weit entfernt liegt, ihn zu erreichen eine mehrtätige Reise durch unwegsames und gefährliches Terrain bedeutet. Dennoch machen sich die Brüder gleich auf, um die nötige Medizin für den Vater zu besorgen. Wie am Ende die Geschichte ausgeht, werde ich natürlich nicht verraten.
Nur zu zweit geht es voran
Schon im Prolog des Spiels als die Brüder ihren kranken Vater auf einer Karre zum Arzt fahren, wird klar, was das Besondere beim Gameplay ist: Beide Brüder treten immer gemeinsam in Aktion. Spielt ihr alleine bedeutet dies, dass ihr mit dem linken Analogstick Naia und mit dem rechten Analogstick Naiee steuert, wobei ZR und ZL die entsprechenden Aktionstasten sind. Das hat mir zu Anfang einen echten Knoten im Gehirn verursacht. Es ist nämlich nicht immer so, dass ihr mit beiden die exakt gleichen Aktionen ausführt. Mal müssen beide in eine etwas andere Richtung vorangehen, um wie in dem Beispiel mit dem Karren um eine Ecke herumzufahren. Im weiteren Abenteuer wird es sehr viele, abwechslungsreiche Gameplay-Elemente geben, die zwar alle auf dem gemeinsam und gleichzeitig Prinzip beruhen, aber dennoch sich unterscheiden. Wie eingangs geschrieben hat Naiee große Angst vor Wasser. Müsst ihr also schwimmend einen Fluß überqueren, ist es wichtig, dass ihr euch mit dem Jüngeren an der Schulter des älteren Bruders festklammert, während ihr mit ihm zum anderen Ufer schwimmt.
Sehr oft müsst ihr klettern und teilweise in bester Prince of Persia Manier von Felsvorsprung zu Felsvorsprung springen. Dabei reicht es nicht nur zu springen, sondern ihr müsst euch auch am neuen Vorsprung festhalten. Und das mit beiden Brüdern, möglichst simultan, da der Abstand zwischen ihnen nicht zu groß werden darf. Noch kniffliger wird es, wenn beide sich zwar in dieselbe Richtung fortbewegen, aber unterschiedliche Aktionen ausführen müssen. Da hängt der eine schon mal an einer fahrenden Seilbahn, wo die Abschnitte voraus durch geschlossene Tore blockiert werden, während der andere auf einem Felsweg nebenher läuft und im richtigen Momenten Schalter betätigt, um die Blockaden zu öffnen, damit sein Brüderchen nicht dagegen klatscht.
Natürlich nutzt das Spiel auch das unterschiedliche Alter und dabei die unterschiedliche körperliche Konstitution der Brüder aus. Naiee ist jünger, demnach kleiner und schmaler. Er kann sich deshalb noch durch Ritze und Stäbe quetschen, wo sein Bruder nicht mehr durchkommt. Da er auch leichter ist, wird er von Naia wenn nötig per Räuberleiter nach oben befördert, damit es vorangeht. Naia hingegen ist vor allem der Stärkere, der z.B. bestimmte Schalter aktivieren kann und wie schon beschrieben das Schwimmen übernimmt.
Auf dem Weg über und durch die Berge in Richtung Lebensbaum müsst ihr also klettern, springen, hangeln, schwimmen und rätseln. Es wird aber noch mehr Abwechselung geboten. So seid ihr mal in einem Ruderboot unterwegs (jeder Bruder ein Paddel sorgt für den nächsten Knoten im Kopf), oder auf dem Rücken eines gigantischen Vogels. Und es gibt sogar ein paar Endgegner. Das sind die wenigen Szenen, in denen ihr indirekt sogar kämpfen müsst.
Wie bereits geschildert, spielt ihr alleine, steuert ihr die Brüder über einen Controller. Ihr könnt das Abenteuer aber auch zu zweit kooperativ spielen, wobei jeder Spieler in die Rolle eines Bruders schlüpft. Beides macht Spaß und funktioniert.
Die audiovisuelle Umsetzung
Indie-Spiele, oder Spiele, die sich in diese Kategorie einordnen, obwohl sie eigentlich von einem renommierten Studio kommen, wie in unserem Fall Brothers von Starbreeze, haben einen großen Vorteil: Die Grafik muss nicht hochmodern und pompös sein. Viel wichtiger ist, dass die Darstellung stimmig ist und zu der Handlung passt. Das führt dazu, dass selbst mehrere Jahre alte Spiele nach ihrer Portierung von ihrem Charme nichts einbüßen, da man als Spieler mit einer anderen Erwartungshaltung herangeht. Brothers ist ein hübsches Spiel, hat einen eigenen, zum Abenteuer passenden Stil und läuft jederzeit flüssig. Insofern gibt es optisch nichts zu meckern. Audiotechnisch bietet es dezente, aber schöne Musikuntermalung und eine gute Soundkulisse. Die Charaktere kommen allerdings ohne Sprachausgabe aus und machen stattdessen komische Laute. Vielleicht wäre hier eine echte Sprachausgabe angemessen gewesen. Es ist aber nicht weiter schlimm, dass Starbreeze sich dagegen entschieden hat.
Die Meckerecke
Ich fasse mich kurz: Ich habe kaum etwas zu meckern. Um in noch höhere Wertungsregionen vorzudringen, hätten viele Kleinigkeiten noch besser sein müssen: Ein paar mehr Bosskämpfe hätten für noch mehr Abwechslung gesorgt, die Länge des Spiels ist ausbaufähig und wie erwähnt, eine Sprachausgabe hätte bei Brothers auch gut gepasst.
Gunnar meint:
Es gibt viele kleine Perlen im Nintendo eShop zu entdecken. Brothers: A Tale Of Two Sons ist so eine, die mit einer emotionalen, melancholischen Geschichte überzeugt und ein kreatives, auf zwei simultan zu steuernde Charaktere ausgerichtetes Gameplay bietet. Wer Abenteuer-Spiele mit wenig Action, aber viel Akrobatik mag und ein Faible für nordische Settings hat, der wird mit dem Titel bestimmt glücklich.
Grafik
Sound
Steuerung
Spielspaß
Release
Developer
Publisher
USK
28.05.2019
Starbreeze
505 Games
12+
Singleplayer
Multiplayer
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