Nintendo Switch, Nintendo Switch eShop | Ego Shooter
Youngblood spielt 1980, fast 20 Jahre nach dem Ende des Vorgängers und wohl auch einige Zeit nach dem sich noch in Entwicklung befindlichen dritten Teils. Die USA wurde von der Unterdrückung der Nazis befreit, doch Europa wird nach wie vor von dem nur langsam sterbenden Regime regiert, das nach dem Tod seines Oberhauptes in Uneinigkeit zu zerfallen scheint. Obwohl eine erneut freie Welt zum greifen nah scheint, ist BJ. Blaskowitz nicht zufrieden. Schließlich verschwindet er von einem Tag auf den Anderen und niemand ist in der Lage ihn zu finden. Also machen sich seine beiden Töchter Jes und Soph auf die Suche und landen dabei im Besetzten Paris, deren Untergrund durchaus Verwendung für das junge Blut des legendären Nazijägers hat.
Weil das jetzt die Welt ist, in der wir leben, hat auch Wolfenstein nun nichts mehr dagegen, dass man selbst nach Spielstart noch echtes Geld in seine Shooter Erfahrung investiert. Zum Glück kauft man sich davon keine Lootboxen, sondern Ausrüstungsgegenstände und Waffenskins. Das meiste davon lässt sich auch durch Silbermünzen bezahlen, die man, in einem vernünftigen Maße, im normalen Spielverlauf findet. Auf der anderen Seite gibt es allerdings auch rein kosmetische Freischaltungen, die lediglich über echtes Geld abgewickelt werden können. Will man in Youngblood Zugriff auf alle Waffenskins, Messer, Beile und Rüstungen, so geht dies nur, in dem man noch mehr echtes Geld investiert. Das fügt natürlich auch der Entscheidung, dem Spiel ein Co-op Element zu spendieren, einen faden Beigeschmack hinzu. Ist der Co-Op nur dazu da, damit wir uns mit anderen Spielern vergleichen und damit eher zu verleitet sind, die tollen Waffenskins und Rüstungen doch zu kaufen?
Nach wie vor kommt Wolfeinstein in einer für den deutschen Markt angepassten Version in die Läden. Allerdings hat sich im Vergleich zum Vorgänger durchaus etwas getan. Neben der deutschen Version kann man in Deutschland nämlich nun auch eine völlig unzensierte Englische Version kaufen. Zumindest, wenn man einen Händler findet, der sie anbietet. Media Markt und Saturn zum Beispiel haben die unzensierte Version bewusst nicht ins Angebot ihrer Läden aufgenommen. Das ist ihr Recht, auch wenn ich nicht ganz verstehe, warum die Indiana Jones Trilogie in Ordnung ist, aber Wolfenstein nicht.
Es dürfte niemanden überraschen, dass die Switch nicht die Leadplattform bei der Entwicklung von Wolfenstein war. Tatsächlich war sie so stark am Rande, dass Entwickler Machine Games gleich das Studio Panic Button mit dem Port beauftragt hatten, die schon einige Erfahrung mit der Konsole haben. Wenn man sich die ersten Videos mit den Grafikvergleichen ansieht, erinnert dies schon an alte Wii Zeiten, doch dieses Horror Szenario war zum Glück nur von kurzer Dauer. Wer das Spiel heute Spielt wird überrascht sein.
Wir leben schon in komischen Zeiten, in denen die Urgesteine der Ego Shooter, nur kurz, nachdem sich das Genre so weit von ihnen weg bewegt hat wie es nur geht, nun ihre Renaissance feiern. Doom hat sich selbst im alten Stil erfolgreich modernisiert und Wolfenstein ist nun sogar eine Reihe, die für ihre themenreiche Story und ihre tiefgreifenden Charaktere gefeiert wird.
Mit Youngblood kommt nun, vor dem großen Finale der neuen New Order Trilogie, ein stand Alone Addon zu The New Collossus. Doch kann es den Spannungsbogen halten?
Die Stadt der Liebe

Youngblood ist in seiner allgemeinen Atmosphäre deutlich poppiger und unbelasteter als sein düsterer und an manchen Stellen pessimistischer Vorgänger. Das liegt vor allem an dem Wechsel der Hauptcharaktere. BJ. Blaskowitz ist ein zutiefst grübelhafter Protagonist, niedergerungen von Schuld und Selbstzweifeln, nur noch am Leben erhalten durch den Kampf gegen das Regime, das er fast so sehr hasst, wie er seine Freunde und Familie liebt. In seinem Kreutzzug für die Freiheit schießt, hackt und tötet er sich durch unzählige Menschen, die er nur noch als Teil einer riesigen Unterdrückungsmaschinerie sieht, einfach, weil er es muss. Seine beiden Töchter, auf der anderen Seite, gehen viel unbeschwerter mit dieser Situation um. Für sie sind die Nazis ein Teil der Welt, in die sie Gebohren wurden, und das Abschlachten solcher reiner Sport. Sie haben, von der Suche nach ihrem Vater mal abgesehen, keine persönlichen Gründe zu kämpfen und keinerlei Verbindung, weder zu den französischen Widerstandskämpfern, noch zu dem Regime, das seine Springerstifel auf ihre Köpfe drücken möchten. Sie kämpfen gegen Nazis, einfach, weil es keine Alternative gibt.
Wenn sich das jetzt weniger komplex anhört als die Geschichte ihres Vaters, dann liegt das daran, dass es so ist. Youngblood ist ein offener Co-op Shooter, in dem man vom Pariser Untergrund mit immer mehr werdenden Aufgaben betraut wird, die es in offenen Arealen zu erledigen gilt. Da sucht der eine Baupläne für Roboter des Regimes, oder die andere Hinweise auf… irgendwas. Hin und wieder mal steckt ein Freiheitskämpfer in der Patsche und muss befreit werden, weniger Banal wird es auch nicht. Wirklich näher kommen Jes und Soph ihrem Vater nur über die drei Hauptmissionen, die man nur desshalb nicht sofort löst, weil sie noch zu schwer sind. Anders als der Powertrip der ersten neuen Wolfeinstein Teile, hat Youngblood nämlich ein komplettes RPG System, mit Leveln, Characterupgrades und einem Scheere-Stein-Papier System um Gegner zu bekämpfen. Das klingt jetzt vielleicht zumindest auf Gameplay Ebene komplexer, aber eigentlich ist es das nicht wirklich. Es hat lediglich zur Folge, dass nun selbst auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad immer wieder Bullet Sponges auftauchen, also Gegner, die bis zu drei Magazine einer Schrotflinte fressen, während sie selbst völlig unbeeindruckt vor einem stehen. Der Nahkampf ist meist eine attraktivere Methode als eine kluge Wahl der Waffen und auch, wenn die Takedowns cool aussehen, ist es schon komisch, wenn man in einem Shooter seinem Feind lieber ein Messer in die Brust wirft, als eine Schrotladung ins Gesicht schießt.
Auch der Co-op Aspekt reißt da nicht viel raus. Jes und Soph sind immer zu zweit unterwegs und wird eine der beiden nicht von einem anderen Spieler gesteuert, übernimmt diese Rolle eben eine KI, und die macht ihren Job auch nicht viel schlechter, weil Zusammenarbeit kein Hauptaspekt des Gameplays ist. Tatsächlich habe ich irgendwann das ganze Spiel nur noch offline gespielt. Normalerweise kann nämlich sonst jederzeit ein anderer Spieler in dein Spiel springen, ohne dass du es überhaupt bemerkst. Das ist an sich nicht schlimm, doch wenn bei der Verbindung etwas schief läuft, setzt die KI dann einfach aus und lässt dich allein in irgendeiner Straßenecke verbluten. Was uns gleich zu einem weiteren Aspekt der Mechaniken führt: Fällt die Lebensenergie auf Null, beginnt eine für Co-Op Spiele übliche “Ausblutenphase”, in der man von seinem Partner wiederbelebt werden kann. Blutet eine der Spielfiguren aus, verliert man ein “Geteiltes Leben”. Hat man keine mehr und stirbt, ist das Spiel vorbei und man beginnt wieder am Anfang des Levels. Was vor allem bei den überlangen Bossgegnern für Frust sorgen kann. Checkpoints gibt es nur an ganz wenigen Stellen. Aber immerhin behält man seinen Levelfortschritt. [Und, nur damit das an dieser Stelle klar ist: Es gibt keinen Couch Co-Op. Gemeinsam spielt man ausschließlich online]
Es ist allerdings nicht alles schlecht: Wolfenstein hat in seinem Kern ein sehr starkes Fundament und Gerade Movement und Steuerung sind im Vergleich zum Vorgänger nur besser geworden. In Hitzigen Situationen heben Soph und Jes jetzt zum Glück Munition, Panzerung und Heilung von selbst auf, was eine unglaubliche Verbesserung ist, da das Spiel ansonsten was das Aufheben von Gegenständen angeht immernoch sehr auf PC Steuerung ausgelegt ist und eine unglaubliche Präzision für eine so einfache Aktion verlangt. Tatsächlich könnte man sogar sagen, dass die minimale Story und die simplen Missionen schon fast wie für eine Portable Konsole wie die Switch geschaffen wurden. So kann man auch unterwegs, ohne zu viel Aufmerksamkeit zu benötigen, in kurzen Intervallen ein bisschen der Shooter Action fröhnen.
Handel mit Nazigold

Interessant ist dabei die Wahl der Premium Währung. Während des Holocausts haben die Nazis der jüdischen Bevölkerung noch ihr ganzes Gold geraubt, bevor sie sie ermordet haben. Das war entweder Schmuck oder Wertanlagen, sie waren sich aber auch nicht zu schade, den Leichen nachher die Zahnfüllungen zu nehmen. Das ist kein Hintergrundwissen zum Wolfensteinuniversum, das ist echte Reale Geschichte, die wirklich passiert ist.Dieses Gold wurde dann in Barren zusammen geschmolzen. Das ist das sogenannte “Nazi Gold”. Es ist schon ein wenig komisch, dass eine Spielereihe, die den lauten, schrillen und kompromisslosen Kampf gegen die Unterdrücker anpreist, auf einmal kein Problem mehr damit hat, den Spieler mit “Nazigold” als Premiumwährung handeln zu lassen. Auf der anderen Seite, vielleicht ist das ja ein Witz der Entwickler. Diese zusätzlichen Geldquellen ins Spiel einzubauen geschah bestimmt auf Anweisung des Publishers. Und wenn Bethtesda seinen Kunden Nazigold verkauft, was genau ist Bethesda dann?
Victoria!

Warum genau zwei Versionen existieren, darüber kann man natürlich nur mutmaßen. Vielleicht wollte der Publisher dem deutschen Publikum die Wahl lassen, vielleicht war es, um die Kontinuität der deutschen Version nicht mitten drin zu brechen, wer weiß. Jedenfalls sind Hakenkreuze jetzt ein harmloses Dreieckssymbol, und die Hitler Büsten, die überall in Paris stehen (und vom Spieler zerstört werden können) haben keinen Schnurrbart mehr und stellen “Kanzler Heiler” dar. Dazu bin ich mir sichr, dass “Sieg Heil!”durch “Victoria!” eingetauscht wurde, aber ich könnte mich irren.
Zum Glück hat aber auch die Deutsche Übersetzung jetzt etwas mehr Schneid und es dieses Mal bei solchen Oberflächlichkeiten belassen. Ja, ohne Hakenkreuze fehlt ein bisschen der Visuelle “Punch” einer von Nazis besetzten Welt, aber immerhin werden sie nun auch als solche betitelt. Anders als noch zuvor, als nur von “dem Regime” die Rede war, das “Abweichler” verfolgt hat, reden Jes und Soph jetzt frei heraus von “Nazischweinen”. Und es wird nun auch ganz unverhohlen erwähnt, dass Juden von ihnen verfolgt wurden. Das ist mir in sofern wichtig, als dass viele dieser Änderungen in The New Collossus zu einer Verwässerung der Story und einer Verharmlosung der Nazis geführt hat. Zwar ist diese Offenheit an der flacheren Geschichte von Younglood nun etwas verschwendet aber immerhin zeigt sich der deutsche Markt nun offener für offene Worte. Und das ist immer gut.
Die Schönheit von Paris

Ich weiß nicht, welche Art von Satanischen Ritualen Panic Button in ihren Büros durchführen und wen oder was sie dafür geopfert haben, aber es hat sich gelohnt. Klar, die Switch Fassung ist der PS4 oder XBox One Version bestimmt in jeder Hinsicht unterlegen, aber das ist unwichtig wenn es gut aussieht und flüssig läuft, und das tut es einfach!
Die erhöhte Realität, die Machine Games für ihr Universum erschafft kommt auch auf der Switch wunderbar heraus. Ja, manche Texturen brauchen etwas um zu laden, unwichtige Gegenstände sind ein wenig matschig, aber dafür sind die wichtigen Details überraschend klar und hochauflösend, die Beleuchtung ist absolut dynamisch und dabei läuft alles mit flüssigen 30 FPS, die selten merklich einbrechen. Allein die Hintergrundmusik kommt in Actiongeladenen Sequenzen nicht ganz mit. The New Collossus war auf der Switch schon beeindruckend, aber Youngblood sieht nochmal eine ganze Ecke besser aus. Dank HD Rumble, fühlt es sich sogar besser an.
Lediglich beim Design habe ich etwas zu bemängeln: Ich kann mir denken, dass Machine Games der Taschenlampe im Spiel eine ordentliche Rolle geben wollten, aber ich glaube nicht, dass die Nazis, egal wie böse sie sind, gerne in ständiger Dunkelheit arbeiten.
[Screenshots der PC-Version entnommen]
Lukas meint:
Wer das nächste Kapitel des neuen Wolfenstein Epos erwartet, oder einfach einen durchgehend gut designten Ego Shooter, der wird von Youngblood leider enttäuscht werden.
Die stärken dieses Titels liegen in seinen kurzen, anspruchslosen Nebenmissionen, die nur dann wirklich zur Geltung kommen, wenn man den Schwierigkeitsgrad ganz runter stellt. Es ist ein Shooter für nebenbei, oder unterwegs. Daher ist er auf der Switch irgendwie schon zu Hause.
Grafik
Sound
Steuerung
Spielspaß
Release
Developer
Publisher
USK
25.07.2019
Machine Games/ Panic Button
Bethesda
18
70%
Singleplayer
73%
Multiplayer
1
0
1
Schreibe einen Kommentar