Als Capcom 1996 das erste Resident Evil weltweit veröffentlichte, erfanden sie damit zwar nicht das Survival Horror Genre, verhalfen diesem aber zum internationalen Durchbruch. Und ganz nebenbei sorgte Resident Evil auch neben anderen dafür, dass Zombies plötzlich im Mainstream ankamen und Welterfolge wie The Walking Dead überhaupt erst möglich wurden. 2002 entwickelte Capcom ein Remake des ersten Teils für den Nintendo Gamecube. Dieses enthielt im Vergleich zum Original neben besseren Grafiken auch zum Teil veränderte Rätsel, ein paar neue Areale und Gegner.
Mittlerweile sind auf der Switch drei Titel der Resident Evil Hauptserie in Europa im Nintendo eShop erschienen, weitere werden folgen. Der Test behandelt das Resident Evil 1 Remake von 2002, das man nun in höherer Auflösung auch auf der Switch spielen kann. Ist das Spiel heute immer noch angsteinflößend gut oder eher mittlerweile angsteinflößend veraltet?
Die Geschichte
Erschreckende Vorfälle häufen sich in Raccoon City. Eine Einheit des S.T.A.R.S.-Teams (Special Tactics And Rescue Service), Sondereinheit der Polizei von Raccoon City, fliegt zu Beginn des Spiels per Helikopter zum Anwesen der Spencer Familie, Mitbegründer des Umbrella-Konzerns, einem Pharma-Unternehmen, dem dunkle Machenschaften nachgesagt werden. Bereits andere S.T.A.R.S.-Mitglieder wurden zuvor zum Herrenhaus geschickt, um den Geschehnissen auf den Grund zu gehen, doch der Kontakt brach kurz darauf ab. Als das aktuelle Team, dem u.a. die Protagonisten Jill Valentine, Chris Redfield, Albert Wesker und Barry Burton angehören, sich mit dem Hubschrauber nähern, werden sie plötzlich von einer Bodenmissile getroffen und stürzen ab. Die Überlebenden des Absturzes, u.a. die oben genannten Personen, werden schon bald von Zähne fletschenden Zombie-Hunden attackiert. Die einzige Chance ist, die Beine in die Hand zu nehmen und sich ins nahegelegene Anwesen zu retten. Das gelingt sogar, ist aber erst der Beginn des Horrors. Problem eins ist, dass bei der Flucht das Team getrennt wurde. Problem zwei, das Haus ist alles andere als sicher. Überall lauern Zombies und andere mutierte Wesen. Zu allem Überfluss ist das Gebäude das reinste Irrenhaus, voller Fallen, mit Geheimgängen und Rätseln. Aus Spielersicht beste Voraussetzungen für ein spannendes Abenteuer. Und das ist es!
Das Spiel beginnt
Zu Anfang wählt ihr zunächst euren Charakter aus. Ihr habt die Wahl zwischen Jill und Chris. Jill kann mehr Equipment mit sich herumtragen und besitzt einen Dietrich, mit der sie bestimme Schlösser knacken kann. Sie kann allerdings etwas weniger einstecken. Chris ist robuster, hat aber weniger Steckplätze zur Verfügung. Steckplätze sind euer Item-Managementsystem. Im Menü könnt ihr dieses einsehen und verwalten. Chris hat beispielsweise sechs Slots. Eine Waffe bedeutet einen Slot. Munition für die Waffe nimmt schon einen weiteren Slot ein. Möchtet ihr zum Beispiel zwei unterschiedliche Waffen samt Munition mit euch herumtragen, wie eine Pistole für leichtere Gegner plus eine Shotgun für die fieseren Monster und habt noch ein Erste Hilfe Spray zum Heilen dabei, sind schon fünf Steckplätze vergeben. Somit ist nur noch einer frei für alle die Dinge, die ihr im Herrenhaus findet und braucht, um überhaupt weiterzukommen.
Im Kern ist das Spiel ein echtes Abenteuer-Spiel. Klar, ihr ballert auch auf Untote und Mutanten, aber das ist eher Mittel zum Überlebensweck und nicht das, was Resident Evil 1 ausmacht. Viel mehr steht das Erkunden des Hauses im Vordergrund. Dabei findet ihr immer wieder Tagebücher und andere Notizen, die viel darüber verraten, was in dem Anwesen vorgefallen ist und wie es den Bewohnern und Mitarbeitern ergangen ist. Außerdem sind zu Anfang nur ein Bruchteil der Räume offen. Um alles zu erforschen, braucht ihr oft zuerst die richtigen Schlüssel, die wiederum aber nicht einfach so herumliegen. Um weiterzukommen oder Fallen zu entgehen, werdet ihr im Laufe des Abenteuers jede Menge mal mehr und mal weniger schwierige Rätsel lösen müssen. Mal setzt ihr anderswo gefundene Objekte an einem anderen Ort an die richtige Stelle, um Geheimgänge oder -verstecke zu öffnen oder ihr mischt Chemikalien im korrekten Verhältnis, um eine gefährliche Pflanze auszuschalten oder ihr schiebt eine Statue auf einen Trigger, was einen Durchgang entriegelt. Klar wirken die ganzen Fallen und Rätsel etwas aufgesetzt. Das ändert aber nichts daran, dass das Rätseln Spaß macht und viel zur Atmosphäre beiträgt. Außerdem gibt es im Spiel sogar eine Erklärung dafür, warum das Haus so ist wie es ist.
Wie erwähnt, habt ihr aber nur wenige Slots, um all die Sachen mit euch herumzutragen. Das ist aber nicht sonderlich schlimm. Ihr findet in manchen Räumen Lagerkisten. Dort könnt ihr alles verstauen, was ihr gerade nicht braucht und auch wieder herausnehmen. Das tolle ist, dass ihr alle verstauten Dinge in jeder Kiste findet, egal welche ihr ansteuert. Zum Speichern braucht ihr übrigens eine Schreibmaschine samt passenden Farbband.
Sukzessive erkundet ihr also das Herrenhaus und noch andere anliegende Bereiche. Ihr trefft dabei auf einige wenige Mitglieder des vorher hingeschickten Teams und findet sehr bald heraus, dass einer eurer Mitstreiter eine Doppelrolle spielt. Natürlich erledigt ihr auf dem Weg jede Menge Zombies, mutierte Wesen und angsteinflößende Endgegner.
Horror durch Limitierung
Alles ist limitiert. Nicht nur die Anzahl an Slots, die bestimmen, wie viel ihr gleichzeitig mit euch mittragen könnt, sondern auch die Munition oder die Farbbänder, die bestimmen wie oft ihr speichern könnt. Ihr überlegt euch also ständig, wie ihr agiert. Zombies zum Beispiel besiegt ihr am effizientesten, in dem ihr sie ganz nah an euch herankommen lasst und dann mit der Shotgun auf deren Kopf zielt, der dann zerplatzt wie eine reife Melone. Schießt ihr von weitem auf sie, brauchen sie mitunter viel mehr Schüsse, was gewissermaßen eine Munitionsverschwendung ist. Auf der anderen Seite sind die Zombies nicht die schwersten Gegner. Oft ist es sinnvoll die rare Shotgun-Munition aufzusparen. Bezogen auf die Farbbänder, lohnt es sich schon nach einem aufwendigen Rätsel zu speichern oder riskiert ihr länger zu warten, da ihr nur ein Farbband habt? Speichert ihr nicht und sterbt, müsst ihr alles seit dem letzten Speichern neuspielen.
Sehr viel der wirklich beängstigenden Atmosphäre resultiert aus der Kameraführung, die wiederum ein Resultat der damaligen technischen Limitierungen der Hardware war. Die PlayStation 1, auf der das erste Resident Evil zuerst erschien, konnte zwar 3D-Grafiken darstellen, war aber nicht stark genug, um mehr zu liefern als eine rudimentäre Pixelsuppe. Zu wenig um den Detailgrad zu liefern, den Capcom brauchte, um die ganzen Objekte im Spiel vernünftig darstellen zu können und um eine dichte, bedrohliche Atmosphäre zu erzeugen. Deshalb entschied man sich für einen Trick: Sämtliche Umgebungsgrafiken waren starre, vorgerenderte Elemente, von denen immer nur ein kleiner, fest definierter Teil eingeblendet wurde. Um dies zu erreichen, musste die Kamera fest positioniert sein. Euer Charakter bewegt sich also im Prinzip immer auf die Kamera zu oder von ihr weg, so, als wenn in jedem Gang, in jedem Raum Überwachungskameras installiert wären. Steuerungstechnisch gesehen war und ist das bis heute ganz schön hakelig, da die Kamera in einem Gang teilweise mehrfach die Position ändert, ihr also mal den Analogstick nach oben drücken müsst und im nächsten Moment nach unten, um vorwärts zu gehen. Aber die feste Kamera war auch ein wichtiger Bestandteil für die bedrohliche Atmosphäre. Oft hört ihr einen Zombie schon stöhnen, ohne diesen sehen zu können, da die Kamera es nicht zulässt. Also bewegt ihr euch langsam nach vorne, bis ihr in den Bereich der nächsten Kamera kommt, und hofft, dass ihr nicht gleich von dem Untoten gepackt werdet.
Übrigens nutzt auch das Remake von 2002 vorgerenderte Hintergründe, obwohl damals die Technik schon gut genug für ein 3D in Echtzeit gewesen wäre. Der Vorteil ist allerdings, dass dadurch die Räume und Gänge so detailliert gezeichnet werden konnten, dass das Spiel selbst heute noch sehr ansehnlich und nicht wirklich veraltet aussieht. So eine Grafikqualität wäre erst viel später in Echtzeit möglich gewesen.
Der spärliche Einsatz von Musik, die gezielt eingesetzten Soundeffekte wie Donner und Blitze, maximieren zusätzlich die Anspannung des Spielers. Alles in allem schafft das Spiel so eine immersive Horror-Atmosphäre.
Die Meckerecke
Wie bereits erwähnt, hat die Steuerung durch die feste Kamera ihre Tücken. Das betrifft nicht nur das Bewegen eurer Helden, sondern auch das Zielen ist dementsprechend ungenau und hakelig. Darüber hinaus wäre es durchaus nachvollziehbar, wenn euch das System mit dem stark begrenzten Item-Slots auf die Nerven ginge. Wie gesagt, meiner Meinung nach sind das wichtige Bestandteile für die dichte Atmosphäre, aber man muss sich darauf einlassen können. Definitiv nervig sind die permanenten kurzen Ladezeiten. Wann immer ihr einen neuen Raum betretet, zeigt das Spiel eine Türanimation, die manchmal einige Sekunden lang sein kann, die nichts anderes ist als eine versteckte Ladezeit. Größter Meckerpunkt für die Switch-Version ist der Preis von 29,99€, etwas hoch für ein Spiel, das Fans schon viele Male besitzen und Neulinge zum Ausprobieren motivieren soll.
Gunnar meint:
Resident Evil 1 ist ein Klassiker, ein ganz wichtiges Spiel der Videospiel-Historie. Auch die Switch-Version des Remakes aus dem Jahre 2002 beweist, dass es sogar ein ziemlich zeitloses Abenteuer ist, das auch heute noch nichts an Atmosphäre und Charme eingebüßt hat. Wer nur die neusten Ableger von Resident Evil kennt, dem sei aber gesagt, dass hierbei Rätsel einen viel höheren Stellenwert einnehmen und das Spiel sich viel weniger dynamisch spielen lässt. Wer sich darauf einlässt, das sogar mag und am besten den Teil noch nie gespielt hat, dem kann ich es nur wärmstens empfehlen. Fans, die es bereits besitzen, brauchen nur zuschlagen, wenn sie ihre Sammlung komplettieren oder das Abenteuer unbedingt nochmal auf einem anderen System erleben möchten.
Grafik
Sound
Steuerung
Spielspaß
Release
Developer
Publisher
USK
21.05.2019
Capcom
Capcom
18
Singleplayer
Multiplayer
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