Zwei Jahre danach…
Als Bravely Default Ende 2013 für den Nintendo 3DS auf den Markt kam, da wurde es von vielen über den Klee gelobt. Einige nannten es sogar das beste RPG auf dem 3DS. Dieser Meinung sind wir nicht ganz gefolgt, aber auch in unserem Test kam das leicht andersartige Rollenspiel von Square Enix sehr gut weg. Nun ist Teil 2 da, der greift die Geschehnisse zwei Jahre nach dem Ende auf, bleibt aber zunächst ohne direkte Berührungspunkte.
Man schlüpft in die Haut von Yew (gesprochen wie das englische Wort you, also „du“) und steht direkt am Anfang vor einem Kampf gegen einen mächtigen Gegner. Der Kaiser Verheer will Agnes entführen, die Päpstin der Welt Luxendarc und einer der vier Charaktere vom ersten Teil. Yew stellt sich zusammen mit zwei anderen Kavalieren der „Drei Kavaliere“ dem Kaiser gegenüber, ist aber chancenlos. Die Angriffe von Yew und seinen beiden Partnern richten keinen Schaden an, während der Kaiser seine Gegner mit einem Schlag niederstreckt und die Päpstin entführt.
Doch Yew und seine Freunde geben nicht auf. Als sie nach einer Weile wieder zu sich kommen, entscheiden sie gemeinsam, dass sie es schaffen müssen, den Kaiser zu finden und Agnes zu retten. Doch das ist gar nicht so einfach, denn der Kaiser ist auf einer Himmelfestung unterwegs und die drei haben keine Möglichkeit, diese zu betreten. Sie machen sich trotzdem auf den Weg und geben alles, um ihre Freundin zu retten.
Die Geschichte ist also nicht mit dem Vorgänger verknüpft, es gibt allerdings doch ein paar Parallelen. Wer die nicht erfahren will, der scrollt jetzt am besten einfach weiter. Wer mehr wissen will, markiert den folgenden Abschnitt, um ihn zu lesen.
Nach kurzer Zeit stellen sich die beiden Mitstreiter von Yew ihrem Freund entgegen. Sie sind nämlich schon lange desertiert und kämpfen für den Kaiser. Kurz vor der endgültigen Niederlage kann Yew aber fliehen und macht sich fortan alleine auf die Reise. Schon nach kurzer Zeit trifft er auch Edea, eine weiter der vier Helden aus dem ersten Teil. Und nicht allzu viel später befreien die beiden Tiz aus seinem zwei Jahre andauernden Schlaf. Mondbewohnerin Magnolia macht die Truppe komplett.
Es spielen also zwei der vier Charaktere aus Bravely Default eine große Rolle im Nachfolger. Auch Agnes ist die meiste Zeit dabei, denn dank eines mysteriösen Anhängers, können die vier Helden jederzeit mit ihr Kontakt aufnehmen. Was der vierte Held aus Teil 1 macht, verrate ich an dieser Stelle nicht. Vielleicht tritt er auf, vielleicht aber auch nicht. 😉
So stellen sich die vier Helden dem Kaiser entgegen, müssen nach und nach seine Schergen ausschalten und einen Weg finden, die Himmelsfestung zu betreten. Aber unterm Strich ist es noch viel schwerer als man denkt, denn der Plan des Kaisers ist einer, den die vier eigentlich gar nicht aufhalten können. Sie versuchen es dennoch, dank Bravely Second können sie Unmögliches möglich machen.
Gameplay vom Feinsten!
Was das Gameplay angeht, ist Bravely Second ohne Frage eines der besten RPGs überhaupt. Ich kenne kein Spiel, das so perfekt durchdacht ist und an jeder Stelle so gut funktioniert. Aber eins nach dem anderen.
Ganz klassisch sammeln die Helden Erfahrungspunkte durch Kämpfe und werden so nach und nach stärker. Danach gibt es auch noch verschiedene Jobs, die sie annehmen können. Anfangs steht nur der Freiberufler zu Verfügung, aber verschiedene Endgegner eröffnen weitere Job-Möglichkeiten, wenn man sie besiegt. Insgesamt 30 Jobs gibt es, von denen man viele aber nur in Nebenmissionen erhalten kann. Im ersten Durchgang ist es sogar unmöglich, alle zu bekommen, denn man muss sich in den Nebenmissionen immer in einen Zwist zwischen zwei NPCs einmischen und sich am Ende auf die eine oder andere Seite schlagen. Ergo kann man auch nur einen von zwei möglichen Jobs bekommen. Wer es aber drauf anlegt, kann trotz dieser Einschränkung alle Jobs haben, bevor man das Spiel zu Ende gespielt hat. Mehr wird an der Stelle aber nicht verraten.
Die Jobs kann man ebenfalls aufleveln. Dafür gibt es Jobpunkte, die man am Ende jedes Kampfes bekommt. Jeder der vier Helden kann also in jedem Job besser werden, was zusätzliche Möglichkeiten gibt. Als einer der vielen Zauberer also zum Beispiel stärkere Zauber, als Beschwörer stärkere Wesen, die man beschwören kann, als Dieb bessere Tricks oder als Schwertmeister stärkere Angriffe. Doch nicht nur auf den einzelnen Job kommt es an, die ganze Truppe muss natürlich auch gut zusammen passen. Was helfen vier Weißmagier, wenn es darum geht, einen gut gepanzerten Gegner zu besiegen oder was helfen vier Ritter, wenn der Gegner gegen physische Angriffe immun ist? Und als wäre das nicht genug, kann man auch noch ein weiteres Geschick festlegen, so dass man auch als Schwarzmagier zum Beispiel die Heilzauber eines Weißmagiers im Zugriff hat.
Da es so viele Jobs gibt, die alle auch unterschiedliche Stärken und Schwächen bezüglichen Waffen und Ausrüstung haben, kann man bis zu 10 Favoriten anlegen. Darin sind Jobs und Ausrüstung gespeichert, so dass man seine liebsten Kombinationen für unterschiedliche Situationen speichern kann. Auch gespeichert werden die so genannten Unterstützungs-Fähigkeiten, die man in jedem Job lernt, wenn man besser wird. Mit diesen kann man sich zum Beispiel die Anzahl noch ungeöffneter Truhen in einem Dungeon anzeigen lassen oder seine Werte verbessern.
Das Gameplay an sich läuft dabei ebenfalls klassisch ab. Man bewegt sich durch Städte, Dungeons und die Oberwelt und trifft außerhalb von Städten zufällig auf Monster, die man dann besiegen muss. Das läuft rundenbasiert ab, das heißt, jeder Charakter kann eine Aktion ausführen und dann sind die Gegner dran. Der Kampf ist gewonnen, wenn alle Gegner besiegt sind.
Highlight von Bravely Default und Bravely Second ist das Brave-/Default-System. Damit kann man in einer Runde nicht nur eine Aktion, sondern bis zu vier durchführen. Gesteuert wird das über Brave-Punkte. Jede Runde erhält man einen und kann bis zu drei im Haben oder im Soll sein. Wenn man in einer Runde nichts macht (Default), dann sammelt man damit einen BP. Über den Befehl Brave kann man dann in einer Runde mehrere Aktionen durchführen, also zum Beispiel einen Gegner vier Mal hintereinander angreifen, ohne dass der sich wehren kann. Tut man das bei einem BP-Stand von 1, dann ist man nachher bei -3 und kann dann drei Runden lang nichts tun. Hat man vorher BP gespart und war bei +3, dann ist man nachher bei -1 und kann zu Beginn der nächsten Runde direkt wieder eingreifen.
Diese Möglichkeit macht vor allem das Leveln viel leichter als bei anderen RPGs. Man besiegt einfache Gegner mal eben so nebenbei in einer Runde, wenn jeder vier Mal angreift. Und als wäre das nicht schon cool genug, kann man auch noch Angriffsabfolgen speichern und diese dann automatisch ausführen lassen. Aber auch das ist noch nicht das Ende. Wenn man einen Gegner in der ersten Runde besiegt, dann kann man sich entscheiden, ob man direkt weiter kämpfen will. Sagt man dazu „ja“, dann kommt ein neuer Gegner und besiegt man den auch in Runde 1, kann man immer so weiter machen. Der Clou an der Sache ist, dass sich die gesammelten Erfahrungspunkte mit jedem Durchgang erhöhen, bei zwei Kämpfen auf 150%, bei dreien auf 180% und bei vier auf 200%. So kann man extrem schnell aufleveln, wenn es mal nötig ist. Ist es aber im Spiel eigentlich nie, da es so viel Spaß macht, dass ich es immer auch nebenbei gerne getan habe.
Ach so, habe ich schon erwähnt, dass man auch festlegen kann, wie häufig Zufallskämpfe auftreten sollen? Man kann fast jederzeit frei einstellen, ob man normal viele, etwas mehr, etwas weniger, sehr viele oder auch gar keine Zufallskämpfe haben will. Gerade, wenn man Dungeons nach Schätzen durchsucht, ist das extrem hilfreich. Ich könnte jetzt noch Stunden weiter machen und von tollen Features berichten, die das Spiel extrem durchdacht wirken lassen. Die Entwickler haben wirklich für jeden Punkt, der mich an irgendeinem RPG schon mal irgendwann gestört hat, eine Lösung. Einfach klasse!
Extras
Neben dem tollen Gameplay bietet Bravely Second auch daneben eine ganze Menge zu tun und zu entdecken. Erwähnenswert ist vor allem das Tagebuch von Yew. Er schreibt sich quasi alles auf, was die Truppe erlebt, und so kann man, wenn man alles im Spiel erreicht hat, am Ende mehrere hundert Seiten Text lesen mit Infos zu Gegnern (über 300 verschiedene), Waffen (fast 200) und Rüstungsteilen (fast 150). Daneben findet man im Spiel auch noch das eine oder andere Tagebuch, das Hintergrundwissen über die Geschichte vermittelt.
Apropos Hintergrundwissen. Hier und da hat man im Spiel optional die Möglichkeit, sich in Yews Zelt auszuruhen. Davor gibt es dann eine Zwischensequenz, in der sich die Charaktere über dies und das unterhalten. Meistens geht es um Essen oder Geschichten aus der Vergangenheit. Ich habe mir diese Geschichten ebenso gerne angesehen wie die Storys in den Nebenmissionen, weil man damit sehr viel mehr über die Welt erfährt und viele Dinge in der Hauptgeschichte klarer werden. Ein kleiner, spoilerfreier Blick ans Ende des Spiels: Wenn man alle Nebenmissionen macht, dann versteht man viel besser, was in der Welt eigentlich genau passiert ist, bevor es zu der aktuellen Situation gekommen ist. Es lohnt sich also sehr, sich diese Zeit zu nehmen.
Und so wie man im ersten Teil sein Dorf wiederaufbauen musste, muss man jetzt die Heimat von Magnolia wieder aufbauen. Das macht man mittels Personen, die man per StreetPass getroffen hat, die das Spiel auch haben. Man setzt diese Personen auf Aufgaben an, die eine gewisse Zeit dauern. Und wenn eine Person für die Aufgabe 48 Stunden braucht, dann brauchen 48 Personen eine Stunde. Je mehr Leute man trifft, desto schneller geht es. Während der Testphase war das ein ziemlicher Krampf, da das Spiel hier einen NPC anbietet, der dann die ganze Basis alleine aufbauen muss. Und da manche Dinge schon mal 100 Stunden (in Echtzeit) dauern, kommt man alleine nicht wirklich weiter. Die Zeit läuft übrigens immer dann, wenn das Spiel an oder im Standby ist.
Letztes Extra, das ich erwähnen möchte, ist das Kauwerk. Hierbei handelt es sich um ein Minispiel, bei dem die vier Helden Puppen zusammen bauen und diese dann verkaufen können. Jede hat dabei eine Aufgabe, die automatisch durchgeführt wird, der Spieler schaut dabei nur zu. Doch, wenn man das eine Weile getan hat, hat man genug Geld, um Extras zu kaufen, die sich dann gegen weiteres Geld einsetzen lassen, um den Output zu erhöhen: Eine bessere Schere, hochwertigere Wolle, schneller trocknender Kleber und besondere Farbe. Dieses Spiel hier ausführlich zu erklären, käme einem eigenen Testbericht gleich, daher lasse ich das. Es macht aber auf jeden Fall EXTREM süchtig, auch wenn man davon im Hauptspiel (lange Zeit) gar nichts hat.
Technik, Umfang und Steuerung!
Die Grafik ist wirklich toll. Punkt! Sowohl die abwechslungsreiche Oberwelt, als auch die Städte und Dungeons, sowie nicht zuletzt auch die Charaktere sind einfach klasse. Mimik und Gestik ist etwas hölzern, das kennen wir auf dem 3DS aber fast nicht anders. In Summe ist die Optik des Spiels neben dem Gameplay und den vielen Extras ein weiterer absoluter Pluspunkt. Leichte Abzüge gibt es aber für den 3D-Effekt, der auch beim New 3DS nicht immer gut funktioniert, da man teilweise sehr starke und deutliche Doppelbilder sieht, wenn man den Regler nach oben schiebt. Ein Sternchen gibt es für die tolle Karte auf dem unteren Bildschirm, die hilft wirklich!
Die Akustik ist dagegen über jeden Zweifel erhaben. Musikalisch gibt es absolut nichts zu meckern und auch die Sprachausgabe ist eine Bombe. Dass diese nicht nur auf Englisch sondern auch auf Japanisch dabei ist, dürfte einige Leute freuen (auch wenn ich nicht dazu gehöre, da ich die japanische Version unerträglich übertrieben finde). Es stimmt dabei nicht nur die Qualität, auch die Menge ist schier unglaublich. Nahezu jeder Dialog in der langen Geschichte sowie in allen Nebenaufgaben ist vertont, es gibt nur sehr wenige Stellen, an denen man Text lesen muss. Einfach toll, mehr davon!
Der Umfang ist auch eine absolute Bombe. Ich habe mir die Zeit genommen und gleich alle Nebenmissionen gemacht und habe am Ende knapp 60 Stunden gebraucht. Und jede Minute davon hat Spaß gemacht, ich wollte einfach nicht mehr aufhören. Da alles so perfekt durchdacht ist, wird es nie langweilig. Selbst Nebenmissionen machen Spaß, weil man es sich dadurch im Hauptspiel leichter macht und zudem noch sehr viel mehr über die Welt erfährt. Allerdings ist es auf der anderen Seite auch nicht zu viel des Guten, so dass man den Überblick verliert. Kurzum: Genau richtig!
Die Steuerung ist auch komplett durchdacht. Nicht nur, dass alles gut von der Hand geht, nein, es gibt auch hier allerhand clevere Ideen. Wenn man zum Beispiel mit der gesamte Truppe einen Zug Default setzen will, um BP zu sparen, dann braucht man das nicht mühsam bei jeder Figur zu wählen, sondern drückt einfach direkt auf „los“, bevor man irgendetwas eingestellt hat. Ein anderes Beispiel ist, dass man die Zwischensequenzen auf „auto“ stellen kann. Dann muss man nicht selbst weiter klicken, sondern die Gespräche laufen automatisch weiter, so dass man sich zurücklehnen und genießen kann. Nicht zuletzt zeichnet sich die Steuerung auch dadurch aus, dass man sie komplett einhändig bedienen kann, dazu dient das Steuerkreuz rechts zum Bestätigen und links zum Abbrechen. Auch hier kurzum: Perfekt!
Meckerecke
Bei aller Perfektion habe ich doch einen Kritikpunkt, der den einen oder anderen stören könnte: Die Dungeons. Die sind nämlich alle quasi gleich aufgebaut: Man deckt die Karte auf, indem man sich durch die Umgebung bewegt, findet Schatztruhen und trifft am Ende auf einen Boss. Etwa 2/3 der Spiels gibt es in den Dungeons quasi keine Rätsel, was man fast schon als Kapitalverbrechen werten könnte.
Mich hat das allerdings nie gestört, das da Spiel nur sehr wenig Zeit in Dungeons erfordert. Wenn man will, kann man ja auch die Zufallskämpfe ausschalten und einfach durchlaufen. Blöd ist dann nur, dass man die dort herumlaufenden Monster dann nicht ins Tagebuch einträgt, aber wer will schon alles freischalten. Ich möchte gar nicht wissen, wie lange das wohl dauert, da man alle Gegner auch noch mehrfach besiegen muss, bevor man alles über sie weiß…
Allerdings hätten in der Tat mehr Rätsel in den Dungeons dem Spiel den letzten Pfiff gegeben. Damit wäre es für mich quasi ein perfektes Spiel gewesen, mir fällt nichts ein, was mich dann auch nur im Entferntesten stören würde. Knapp daneben ist auch vorbei. 😉
Vielen Dank an Nintendo für das Testmuster.
Mario meint:
Bravely Second ist meine neue Nummer 1. Lange Jahre hat sich Final Fantasy IX auf meinem persönlich ersten Platz gehalten, jetzt steht dort End Layer. Ich hoffe, die zahlreichen Gründe dafür, sind im Test gut raus gekommen, denn ich habe euch tatsächlich noch so einiges verschwiegen. Das Spiel macht Dinge, die kein anderes Spiel jemals getan hat und verdient für fast jede einzelne Idee einen Oscar. Ich will sie aber auch nicht verraten, um euch die Erfahrung, die ich gemacht habe, nicht zu zerstören; ich will aus diesem Grund nicht einmal etwas andeuten. Glaubt mir einfach, dass dieses Spiel alles richtig macht. Nur die Dungeons, in die hätte einfach mehr Kreativität fließen müssen, wo doch alles andere so perfekt ist. Ach übrigens: Natürlich kann man auch jederzeit den Schwierigkeitsgrad ändern. 😉
Grafik
Sound
Steuerung
Spielspaß
Release
Developer
Publisher
USK
26.02.2016
Silicon Studio / Square Enix
Nintendo
12+
Singleplayer
Multiplayer
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