Gleich vorne weg: Der Virtual Boy war ein Riesenflop. Bevor wir also der Frage nachgehen, was vielleicht geschehen wäre, wenn die Konsole ein Erfolg gewesen wäre, brauchen wir zunächst etwas Kontext. Eigentlich könnte ich über den Virtual Boy selbst einen ganzen Artikel schreiben, so viel gäbe es über die Konsole zu berichten und zu analysieren, ich beschränke mich aber hier auf das Wesentliche.
Bereits seit den 60er Jahren gab es erste Versuche und Experimente Virtual Reality zu ermöglichen. Aber erst der technologische Fortschritt Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre brachte Firmen wie Nintendo auf den Plan, die neue vielversprechende Technologie auch für die heimischen Wohnzimmer umzusetzen. 1995 veröffentlichte Nintendo den Virtual Boy, als futuristisches Gegenstück zum allseits beliebten Game Boy. Während der Name also implizierte, dass der Virtual Boy eine mobile Konsole sei, sah die Realität nun doch eher anders aus. Anders als heutige 3D-Brillen sitzt das Headset des Virtual Boy fest auf einem Standfuß, der wiederum auf einem Tisch platziert werden muss. Um zu spielen, nutzt man einen Controller und schaut gleichzeitig durch eine Art Visier. Jedes Auge blickt dabei auf ein anderes, zueinander leicht versetztes Bild, wodurch der 3D-Effekt entsteht. Die Technik dahinter war für damalige Verhältnisse recht fortschrittlich. Die Screens beruhten auf LEDs, wenn auch monochrom (Rottöne auf schwarzem Hintergrund), erreichten pro Auge eine Auflösung von 384 × 224 Pixel und mit 50hz wurde auch eine auf dem Papier ausreichende Bildrate angeboten.
Trotz eines recht großen Marketing-Budgets in Japan und den USA (ca. 25 Mio US $), inklusive Fernseh-Spots und allerhand kreativer Promotion-Aktionen, floppte der Virtual Boy gleich von Anfang an. Die Gründe dafür sind so vielfältig, dass man sich tatsächlich fragen muss, wie Nintendo im Vorfeld überhaupt hoffen konnte, dass die Konsole auf dem Markt funktionieren würde. Hier ein paar der Gründe, warum der Virtual Boy floppte:
- Die rein rot-schwarze Darstellung der Spiele war einfach unattraktiv
- Viele Spieler klagten nach zu intensivem Spielen über Kopfschmerzen und Übelkeit. Große Sticker auf der Verpackung, die auf das mögliche Problem hinwiesen und sogar Kindern unter 7 Jahren das Nutzen des Virtual Boy untersagten, waren auch nicht gerade verkaufsfördernd
- Die leicht gebeugte Haltung beim Spielen sorgte für Rückenschmerzen
- Es gab letztendlich nur 22 Spiele (u.a. Mario Tennis, Wario Land oder 3D-Tetris)
- Mit 180$ ein vergleichsweise hoher Kaufpreis (der Game Boy war deutlich billiger)
Der Flop des Virtual Boy hatte auf jeden Fall einen großen Einfluss auf die gesamte Videospielindustrie. Denn im Anschluss traute sich über viele Jahre kein Hersteller mehr so richtig an das Thema heran. Erst mit der Veröffentlichung von VR Headsets wie PlayStation VR und Oculus Rift ab 2016 war die Zeit da, dass sich Virtual Reality sukzessiv in den heimischen Wohnzimmern etablierte. Wobei auch heute noch der Anteil der dedizierten VR Games im Vergleich zur Gesamtzahl sehr gering ist. Übrigens gehe ich an dieser Stelle bewusst nicht näher auf den Nintendo 3DS ein, da dieser ohne zusätzliches Zubehör wie ein Headset eine 3D-Darstellung bietet und die Spiele fast ausschließlich auch ohne 3D-Effekt funktionieren. Insofern hat der 3DS quasi sein eigenes Marktsegment definiert.
So, jetzt wissen wir, warum der Virtual Boy seinerzeit gefloppt ist und welchen Einfluss das auf die Videospielindustrie hatte. Zeit uns der eigentlichen Frage dieses Artikels zu stellen, was wäre wenn der Virtual Boy ein kommerzieller Erfolg gewesen wäre?
Ich denke, die Antwort ist auf den ersten Blick sehr einfach. Angenommen der Virtual Boy hätte sich verkauft wie warme Semmeln, dann hätte nicht nur Nintendo viel mehr Games für die Konsole entwickelt, sondern auch andere Firmen, was wiederum das Know How in der Industrie rund um VR Gaming schon zur damaligen Zeit auf einen ganz anderen Stand versetzt hätte. Mit Sicherheit hätte es sofort Nachahmer auf den Plan gerufen. Vielleicht hätte es nicht bis zur PlayStation 4 gedauert, bis Sony in den Markt einsteigt. Vielleicht hätte Sega parallel oder ergänzend zum Saturn oder zur Dreamcast eigene Produkte auf den Markt gebracht. Mit Sicherheit hätte aber auch Nintendo die Technologie weiterverfolgt und Nachfolge-Geräte entwickelt. Da Nintendo aber nicht die Ressourcen hat, um zu viele Konsolen gleichzeitig zu betreiben, folgt die spannende Frage, welche Konsole ein erfolgreicher Virtual Boy eventuell verdrängt hätte? Wären der Game Color oder der Game Boy Advance jemals erschienen? Oder hätte Nintendo gar auf die Entwicklung weiterer, klassischer Heimkonsolen wie den GameCube verzichtet?
Ich behaupte, dass ein erfolgreicher Virtual Boy einen großen Einfluss auf Nintendos Handheld-Geschäft gehabt hätte. Wie der Name impliziert, sollte der Virtual Boy neben dem Game Boy positioniert werden. Und wenn die Konsole sehr erfolgreich geworden wäre, hätte Nintendo keinen Grund gehabt die Game Boy Produktlinie weiterzuführen. Viel mehr hätten sie mit Hochdruck an einem Nachfolger des Virtual Boys gearbeitet, der dann mit Sicherheit mehrfarbige Spiele und viele weitere Verbesserungen beinhaltet hätte. Was das für Spieleserien wie Pokémon bedeutet hätte, die auf dem Game Boy wenig später durchgestartet sind, kann man sich kaum ausmalen. Vielleicht wäre heute die Situation umgekehrt, also es gäbe mehr VR Games als klassische, wenn seit dem Virtual Boy die gesamte Industrie die Technologie weiterentwickelt und noch viel nutzerfreundlicher gemacht hätte.
Aber was denkt ihr? Wie hätte ein erfolgreicher Virtual Boy Nintendo und den Markt verändert?
Quellen:
https://en.wikipedia.org/wiki/Virtual_reality_game
Video: “Was wäre wenn” der Nintendo Virtual Boy ein kommerzieller Erfolg gewesen wäre?
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