Bereits 1996 erschien in Japan der erste Teil der mittlerweile traditionsreichen „Tales of…“ Rollenspielreihe von Bandai Namco. Auch wenn die Serie damals auf dem Super Nintendo startete, und der große Durchbruch im Westen im Jahre 2003 mit Tales of Symphonia auf dem GameCube gelang, erschienen dennoch leider viele Ableger der Reihe nicht auf der jeweils aktuellen Nintendo Konsole. So kam es auch, dass 2008 Tales of Vesperia in Japan und ein Jahr später in Europa für Playstation 3 und Xbox 360 auf den Markt kam, aber nicht für die Nintendo Wii, obwohl die absoluter Marktführer war. Aber zum Glück ist es gerade Mode Remakes und Remasters von älteren Spielen zu veröffentlichen, so dass wir Nintendo-Fans mit Verspätung doch noch in den Genuss des Abenteuers kommen. Das war auch meine Chance endlich Tales of Vesperia nachzuholen. Meine Erwartungshaltung dabei war durchaus hoch, gehört der Teil für viele Fans doch zu den Besten der Reihe. Ob gerechtfertigt, möchte ich in dem Test verraten.
Ein spannendes Abenteuer
Tales Of-Spiele sind in der Regel ziemlich geradlinige, lineare Rollenspiele, wo die erzählte Geschichte das Voranschreiten bestimmt und nicht wie bei zum Beispiel einem Xenoblade die Handlung sich dem Erkunden der Welt unterordnet. Dabei ist es charakteristisch, dass sich das Ausmaß und die Tiefe der Handlung erst im Laufe der Zeit offenbart.
Alles beginnt als das Blastia der Unterstadt von Zaphias, dem ärmlichen Stadtteil der kaiserlichen Metropole, entwendet wird. Blastia sind energiegeladene Steine, die für allerlei Dinge genutzt werden können. Meistens sorgen sie für Schutzbarrieren, die Städte und andere wichtige Orte vor dem Eindringen von Monstern schützen. Das Blastia in der Unterstadt hingegen wird für die Wasserversorgung eingesetzt, dessen Fehlen natürlich fatale Folgen hat. Querdenker Yuri, Bewohner des Armenviertels, und gescheiterter Ritter der kaiserlichen Armee, macht sich gleich auf, um den Dieb zu fassen. Dabei führt die erste Spur in die Oberstadt. Wie es die Umstände so wollen, wird er dort gleich mal verhaftet und trifft während seiner Flucht auf die adlige Estelle, die sich schnell als wichtiges Familienmitglied der kaiserlichen Familie entpuppt und ebenfalls ihre Gründe hat sich möglichst schnell aus dem Staub zu machen.
Fortan begeben sich Yuri, sein Hund Repede und Estelle gemeinsam auf die Mission den Blastia-Dieb zu fassen. Schnell sind sie in ein großes Abenteuer verstrickt, wo es um nicht weniger als die Rettung der Welt geht, denn die Blastia sind offenbar mehr Fluch als Segen. Tales Of-Spiele üblich ist aber nicht alles gleich schwarz oder weiß, gut oder böse. Alles hat irgendwie einen Grund, eine Kehrseite, eine Verstrickung, Charaktere entwickeln sich, sind vielschichtig. Hinzu kommt, dass Yuris bester Freund Flynn in der kaiserlichen Armee dient, mit deren Entscheidungen und Absichten Yuri immer wieder aneckt, was wiederum auch die Freundschaft auf eine harte Probe stellt. Die Geschichte ist kurzweilig und wird gut mit Hilfe von vielen Sequenzen und dutzenden Dialogenszenen erzählt.
Das Gameplay
Wie bereits erwähnt ist das Abenteuer recht linear. Im Prinzip werdet ihr von Ort A zu Dungeon B und Begegnung C geführt. Ihr dürft euch zwar auch recht frei auf der minimalistischen Oberwelt bewegen – zu Anfang zu Fuß, später via Schiff und am Ende sogar fliegend -, aber das Erkunden ist nicht wirklich notwendig. Klar könnt ihr zusätzliche Kämpfe ausfechten, um eure Charaktere zu leveln, was natürlich den Spielverlauf erleichtert. Auch findet ihr zusätzliche Rohstoffe, die entweder benötigt werden, um zu kochen (Essen kann heilen, Statuseffekte aufheben etc.) oder um eure Waffen zu verbessern. Aber wie gesagt, wirklich notwendig ist das nicht, solange ihr den Arealen, die ihr betreten müsst, nicht jedem Kampf aus dem Weg geht, bekommt ihr genügend Materialien.
Zu Yuri, Yuris Hund Repede und Estelle gesellen sich schnell weitere Mitstreiter, die allesamt unterschiedliche Motivationen haben, um dabei zu sein. Wie in einem Rollenspiel typisch haben alle Party-Mitglieder auch verschiedene Fähigkeiten. Yuri ist der klassische Nahkämpfer, der wahlweise mit Schwertern oder Äxten sich in das Schlachtgetümmel stürzt. Rita, eine Blastia-Expertin, setzt hingegen auf Zauber und somit den Fernkampf. Apropos Kampf: Gegner sind sowohl auf der Oberwelt als auch in den Dungeons immer zu sehen. Nähert man sich ihnen zu sehr, startet automatisch der Kampf. Während man auf der Oberwelt oft den Feinden ausweichen kann, sind viele Auseinandersetzungen in Dungeons allerdings unvermeidbar. Kommt es zu einem Scharmützel, wechselt das Spiel in eine kreisrunde Kampfarena. Hier dürft ihr in Echtzeit agieren. Ihr steuert dabei standardmäßig Yuri. Mit den B-Tasten in Verbindung mit den Richtungen des Analogsticks führt ihr unterschiedliche Attacken aus. B in Kombination mit nach unten drücken triggert beispielsweise tiefe Schläge, praktisch gegen kleinere Gegner. Wollt ihr fliegende Monster attackieren, nehmt besser B plus Stick nach oben.
Mit A in Kombination wieder mit dem Analogstick startet ihr die sogenannten Artes. Das sind Spezialangriffe, die TP-Energie verbrauchen. Bei Yuri sind das fast ausschließlich spezielle, besonders effektive Nahkampfangriffe. Ihr lernt dabei im Laufe des Abenteuers immer bessere. Im Optionsmenü dürft ihr bestimmen, welche aktiv sind und mit der A plus Stick Kombination getriggert werden. Estelles Artes sind eine Mischung aus Heil- und Angriffszaubern. Oft entscheidet die richtige Taktik über den Erfolg eines Kampfes, vor allem, wenn ihr gegen Bossgegner antretet. Zum Glück habt ihr aber einen Einfluss darauf, wie eure Mitstreiter agieren. So könnt ihr beispielsweise einstellen, ob sie volle Kanne Artes verwenden oder lieber TP sparen sollen. Bei Estelle deaktiviere ich gerne alle Angriffszauber, so dass sie sich voll auf das Heilen und Wiederbeleben anderer Party-Mitglieder konzentriert. Sie ist dadurch aber nicht wehrlos, denn auch die KI gesteuerten Helden können ihre Standardangriffe mit B ausführen. Mit jedem Treffer füllt sich darüber hinaus noch eine Spezialanzeige, das Über-Limit. Ist diese voll und ihr aktiviert die Aktion, werden alle nahen Gegner zurückgestoßen und ihr könnt danach Angriffe in schnellerer Abfolge ausführen. Das ist gerade in Endkämpfen eine gute Sache. Ab dem letzten Drittel des Spiels lernen die Charaktere dann noch mystische Arts zu nutzen. Das sind super starke, aufwendig inszenierte Angriffe. Um diese zu triggern muss allerdings euer Über-Limit mindestens auf Stufe 3 aufgeladen sein. Aber aufgepasst, auch die Endgegner haben gegebenenfalls mystische Arts in petto.
In der Kampfarena läuft Yuri von alleine zum anvisierten Gegner. Ihr könnt euch aber auch frei bewegen, in dem ihr die linke Schultertaste gedrückt haltet oder die Einstellung auf eine komplett manuelle Version umstellt, je nach Belieben. Besonders viel Spaß machen die Scharmützel, wenn ihr drei Freunde bei euch habt. Dann darf jeder einen Charakter steuern und mit ihm kämpfen. Außerhalb der Kämpfe läuft das Spiel allerdings nicht kooperativ ab.
Ansonsten empfinde ich Tales of Vesperia als erfrischend entschlackt. Es gibt kaum überladende Menüs, keine unzähligen Währungen und Punkte, die man sammeln kann, um eure Helden auf unterschiedlichen Skill-Bäumen und Klassen zu entwickeln. Yuri bleibt Yuri, er kämpft, sammelt Erfahrungspunkte, steigt auf, wird stärker. Mit Gald kauft ihr neue Ausrüstung (Waffen, Rüstungen, Accessoires), die ihr mittels von Rohstoffen noch synthetisieren, also verbessern könnt. Fertig.
Das audiovisuelle Erlebnis
Die Tales Of-Games sind immer schön gezeichnet, aber weit davon entfernt grafische Standards zu setzen. Das gilt natürlich insbesondere für Tales of Vesperia, das schließlich 10 Jahre auf dem Buckel hat. Klar wurde die Grafik für die Definite Edition etwas aufgehübscht und die Auflösung hochgeschraubt. Dennoch, wegen der Grafik kauft ihr das Spiel sicherlich nicht. Der Soundtrack hingegen ist wieder erste Sahne. Es rockt und folkt im typischen japanischen RPG-Stil. Auch positiv ist, dass es jede Menge vertonte Dialoge gibt. Ihr habt dabei die Wahl zwischen der englischen und japanischen Tonspur. Die englische Sprachausgabe schwankt in der Qualität etwas. Yuri wurde super vertont, bei seinem Hund Repede hört man allerdings wie ein Mensch krampfhaft versucht Geräusche wie ein Hund abzuliefern.
Was ist neu in der Definite Edition?
Wie eben angerissen, wurde die Grafik im Vergleich zum Original etwas aufgemotzt, ohne aber, dass man von einem großen Unterschied zum Original sprechen kann. Hinzu kommen neue Kostüme für die Helden zum Herunterladen oder etwas spannender, die Möglichkeit mit Patty Fleur oder Flynn Scifo direkt zu spielen. Alles in allem sind die Ergänzungen sicherlich kein Grund das Spiel nochmal zu kaufen, wenn ihr es damals bereits satt gespielt habt.
Gunnar meint:
Tales of-Spiele versprühen einen ganz eigenen Charme, den ich erstmals mit Tales of Symphonia genossen und lieben gelernt habe. Deshalb spiele ich sehr gerne alle paar Jahre einen Teil der Reihe. Tales of Vesperia versprüht auch genau diesen Charme und hat mir viel Freude bereitet. Im Gegensatz zu modernen japanischen Rollenspielen wie beispielsweise Xenoblade Chronicles wirkt es geradezu simpel gestrickt, was aber nicht bedeutet, dass es keine Herausforderung ist. Der Fokus liegt hier halt nicht in der Erkundung einer riesigen Welt und der komplexen Entwicklung eures Charakters, sondern auf dem Erleben einer spannenden, sich nach und nach offenbarenden Geschichte zusammen mit euren Helden. Wer der daran Spaß hat, bekommt ein sehr spielenswertes Abenteuer geboten.
Grafik
Sound
Steuerung
Spielspaß
Release
Developer
Publisher
USK
11.01.2019
Bandai Namco
Bandai Namco
12
Singleplayer
Multiplayer
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