Zurück im Hyrule von Breath of the Wild!
Zeit der Verheerung ist schon der zweite Hyrule Warriors Titel – mit seinem Vorgänger aber nur teilweise zu vergleichen. Denn hier liegt der Fokus sehr stark darauf, eine Geschichte zu erzählen. Nämlich die, wie es 100 Jahre vor Breath of the Wild dazu kam, dass die Verheerung Ganon zurückkehren konnte. Der Spieler schlüpft also in die Rolle von Link, der unterstützt wird durch Zelda und Impa. Zu Beginn macht er sich auf die Suche nach den vier Recken. Denn zur Versiegelung der Verheerung benötigt es bekanntermaßen die vier von den Recken gesteuerten Titanen, einen Ritter mit dem Bannschwert und die Siegelkraft der Prinzessin von Hyrule.
Als Map dient die Karte aus Breath of the Wild – von dort aus betritt man aber nicht nur die Hauptmissionen, die die Handlung vorantreiben, sondern auch viele Nebenaufgaben. Diese dienen dazu, die spielbaren Charaktere kennenzulernen, die schnell mehr werden. Schon im zweiten Kapitel rekrutiert man die vier Recken Daruk, Rivali, Mipha und Urbosa in frei wählbarer Reihenfolge und kann sie dann ebenfalls steuern.
Ebenso werden dem Spieler hier verschiedene Features des Gameplays nach und nach erläutert – das ist verdammt umfangreich. Normale und starke Angriffe allein, die man mit X und Y einsetzt, bringen auf Dauer nicht viel. Über den Shiekah Stein hat man Zugriff auf die aus Breath of the Wild bekannten Module. Damit lassen sich Bomben werfen, Eisblöcke erschaffen, Gegner in Stasis versetzen und magnetische Gegenstände kontrollieren. Doch anders als im letzten Hauptspiel von The Legend of Zelda setzt man das alles nicht ein, um eine offene Welt zu manipulieren, sondern ausschließlich im Kampf gegen zahlreiche Gegner.
Es ist kein Zelda-Spiel sondern ein Warriors-Spiel!
Neben diese vier Modulen, die mit der rechten Schultertaste zum Einsatz kommen, liegen auf der linken Zauberstäbe. Genug magische Energie vorausgesetzt, kann man damit Gegner einfrieren, verbrennen oder unter Strom setzen. Dazu hat jeder Charakter noch einen Spezialangriff auf ZR. Link zum Beispiel verschießt damit Pfeile. Schnetzelt man sich erfolgreich und elegant durch die Gegnerhorden, dann lädt sich die Spezialleiste auf. Sobald die voll ist, kann man mit A einen mächtigen Angriff auslösen, der viele Gegner auf einmal ins Jenseits befördert. Dazu weicht man mit B aus und ZL dient zum Blocken.
Und das ist noch nicht alles, denn durch X und Y lassen sich auch Kombos auslösen, die zu Beginn aber noch sehr eingeschränkt sind. Erweitert werden diese über spezielle Aufgaben auf der Karte. Kann man diese durch Abgabe bestimmter Sammelitems freischalten, werden die Angriffsketten länger, die Charaktere bekommen mehr Herzen und weitere Dinge können verbessert werden. Zuletzt gibt es auf der Karte auch noch Läden, in denen man verschiedene Items kaufen kann, sowie Handwerker, die Waffen verbessern oder auch farblich verändern können. Ebenso gibt es die Möglichkeit, die Helden gegen Rubine aufzuleveln.
Zu Beginn ist die Masse an Möglichkeiten schon etwas überfordernd, aber dank den Nebenaufgaben wird man langsam herangeführt und hat Zeit, alles ausführlich zu testen und den Umgang zu perfektionieren, bevor man in den Handlungsmissionen wirklich gefordert wird. Denn natürlich muss man dort epische Schlachten schlagen und trifft auch auf zahlreiche bekannte, gefährliche Gegner aus der Vorlage. Schon im ersten Kapitel muss man sich mit einem Wächter messen – aber ihr könnt euch sicher denken, dass es nicht bei einem bleibt. Und es gibt darüber hinaus ja noch ein paar andere, große und gefährliche Gegner im Switch-Hyrule.
Diese erfordern wesentlich mehr Taktik als die Massen an kleinen Gegnern. Man muss geschickt ausweichen und versuchen, die Schwachpunktleiste leer zu prügeln, damit man einen besonders starken Schmetterangriff auslösen kann. Auch hilft es, die Gegner zu beobachten und zum Beispiel einen, der wild herumschleudert in Stasis zu versetzen und dank gezielter Schläge aus dem Konzept zu bringen. Hier lohnt es sich, wenn man das Gameplay beherrscht, da man sehr schnell reagieren muss, um zum Erfolg zu kommen.
Epische Technik?
Vor, während und nach den Hauptmissionen gibt es zahlreiche Videosequenzen, die alle komplett vertont sind. Die sind wirklich gut gemacht und überzeugen nicht zuletzt auch dank der deutschen Sprachausgabe mit den Originalsprechern des Hauptspiels. Das Spiel selbst sieht auch recht hübsch aus. Aufgrund der Masse an Gegnern mussten natürlich Abstriche bei der Umgebung gemacht werden, damit es flüssig laufen kann. Das tut es auch die meiste Zeit. Dabei läuft es im Dock etwas besser als im Handheld-Modus, was vor allem bei ganz großen Schlachten auffällt, wenn viele Effekte gleichzeitig zum Einsatz kommen oder wenn die starken Angriffe nur so umherfliegen. Aber wie gesagt, die meiste Zeit läuft es gut.
Blöd ist nur, dass die Dialoge während der Schlachten nach wie vor nicht vertont sind. Das heißt, man muss immer einen Blick auf die linke, untere Ecke des Bildschirms werfen, wenn gerade erklärt wird, was passiert. Sonst kann man schnell den Überblick verlieren. Dafür ist die Musik ebenso episch wie in der Vorlage.
So, das war es mit dem spoilerfreien Teil, aber hier gehen wir ins Eingemachte. Wir nehmen kein Blatt vor den Mund und schreiben über alle Charaktere und das Ende des Spiels!
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Die Story!
Nehmen wir das Wichtigste vorweg: Zeit der Verheerung ist kein Prequel zu Breath of the Wild. Kein richtiges, jedenfalls.
Wer die Demo gespielt hat, weiß, dass direkt zu Beginn während der Zerstörung Hyrules ein kleiner Wächter durch ein Zeitportal springt und Zelda vor den kommenden Ereignissen warnt. Damit ist an sich noch nicht alle Hoffnung verloren, der Roboter hätte schon immer da und praktisch in einem Zeitkreis gefangen sein können. Das hätte der Geschichte nochmal eine kleine Tragödie hinzugefügt und das Spiel auf einer tragischen und zugleich hoffnungsvollen Note enden lassen können. Es wäre die bessere Geschichte gewesen, aber letztendlich war es nicht die Geschichte, die Nintendo erzählen wollte. Warum auch immer.
Und es ist wichtig dies festzustellen, denn viele Zelda Spieler, die mit dem Mousu Genre wenig vertraut sind oder es einfach nicht mögen, haben sich bestimmt nur wegen dieser Geschichte auf das Spiel gefreut. Stattdessen teilt die Zelda-Reihe seine Timeline erneut und nutzt die Warriors Titel um mal wieder dem Spieler Fanservice vom Feinsten zu bieten. So öffnet sich irgendwann sogar ein weiteres Zeitportal, aus dem Teba, Riju und die anderen Nachfolger der Recken erscheinen, denn ihnen ein Moveset zu spendieren, konnte sich Tecmo einfach nicht nehmen lassen. Und hey, diese Movesets sind durchaus relativ gut umgesetzt.
Die Charaktere abseits der schon erwähnten!
Ich muss sagen, dass ich mit dem Set an Charakteren insgesamt sehr zufrieden bin. Neben den zu erwarteten Figuren sind auch ein paar Überraschungen dabei. Die großen Feen haben mich sehr positiv überrascht, weil sie sich einfach total anders spielen als der Rest des Sets. Und weil es einfach sehr lässig ist, einen Leunen zu Tode zu küssen. Dazu finde ich es extrem cool, auch den etwas gruseligen Priester Miz Kyoshia und Koga, den Anführer der Yiga Bande selbst steuern zu können. Und auch die beiden heben sich deutlich vom Rest der Charaktere ab. Der Priester wirft sogar die Eingangstore von Schreinen auf Gegner. Und bei Koga muss man aufpassen, dass er sich nicht zu sehr aufregt, sonst ist man eine Weile bewegungsunfähig. Besser, man nutzt die angestaute Energie kurz bevor es zu spät ist.
Ein weiteres Highlight für mich ist König Rhoam. Nachdem man im Laufe der Handlung irgendwann denkt, er wäre gestorben, stellt sich raus, dass er quicklebendig und bereit zu kämpfen ist. Mit ihm kann man entweder als König oder auch als getarnter Reisender kämpfen, an den sich jeder Spieler von Breath of the Wild bestimmt noch erinnern kann. Und dort überlebt er die Verheerung Ganon bekanntermaßen nicht.
Und was halten wir davon?
Die Vorgeschichte zu Breath of the Wild, die wirkliche Vorgeschichte, hätte im Spielstil der Warriors Reihe eine besondere Wirkung entfaltet und hätte sich perfekt mit dem Hauptspiel kontrastiert. Nur leider endet dieses Experiment nichtssagend und hohl: Unsere Helden retten den Tag, obwohl sie eigentlich verlieren sollten. Zeit der Verheerung ist trotz seiner großartigen Inszenierung, seinen fantastischen Charakteren und seinem spaßigen Gameplay eine leere Was-wenn Idee. Was wenn unsere Helden gewonnen hätten? Nun, ein besseres Spiel wäre nicht passiert, und ein anderes besseres Spiel, ist nicht passiert.
Damit haben sie sich tatsächlich selbst eine Chance genommen, Mut zu beweisen. Etwas, das Link ja sonst immer auszeichnet. Statt sich zu trauen, die Geschichte so enden zu lassen, wie es Breath of the Wild vorgesehen hätte, muss es zwingend ein Happy End sein. Ich hatte mich vorher so darauf gefreut, zu erfahren, wie es damals wirklich schiefgelaufen ist, wie die Hoffnung auf den Sieg kurz vor dem Ziel doch noch genommen wird, wie Zelda verzweifelt Link in seinen 100-jährigen Schlaf rettet und wie ganz Hyrule untergeht. Das hätte Breath of the Wild eine viel tiefgründigere Bedeutung gegeben. Und mir Lust darauf gemacht, es direkt nach dem Abspann von Zeit der Verheerung nochmal zu spielen. So weiß ich nun, dass die beiden Spiele dank der Zeitreise am Anfang geschichtlich nicht zusammenhängen. Und das finde ich sehr schade.
Was übrig bleibt ist ein Warriors Teil, der, ja, gut gemacht ist, aber seinem Vorgänger leider nicht das Wasser reichen kann. Das Design der Nebenmissionen ist eintönig und frustriert mit Zeitlimits, die einfach nicht da sein sollten und die große Neuerung, die Schlachten, in denen man Titanen steuert, reißen auch nicht viel herum. Auch hier muss man meistens nur wild um sich ballern um schnell genug eine Zahl auf die adäquate Höhe zu bringen, ohne dabei von der Vielzahl an starken Gegner zerstört zu werden. Tatsächlich fühlt man sich in einem Titanen angreifbarer und verletzlicher als zu Fuß.
Und doch, während ich dies schreibe, will ich nicht zu streng zu diesem Spiel sein. Denn es erreicht in seinen Elementen eine Menge. Es ist trotz allem etwas Besonderes, dass Hyrule von Breath of the Wild als ein gewaltiges Schlachtfeld zu sehen, in denen Armeen unterschiedlichster Völker gemeinsam ums Überleben kämpfen. Ich stehe daher weiterhin zu dem, was ich bereits zuvor gesagt habe: Zeit der Verheerung erlaubt dem Spieler, tiefer in die Welt von Breath of the Wild einzutauchen und vor allem, mehr Zeit mit seinen Charakteren zu verbringen und das hat einen Wert. Es ist nur schade, dass so viel Potenzial verschwendet, ja, vermutlich von Anfang an gar nicht erkannt wurde.
Mario meint:
Leider wurde das Potential verschenkt, eine wirklich relevante Geschichte richtig zu Ende zu erzählen. Die meiste Zeit im Spiel stört das eigentlich gar nicht, da man ja nicht weiß, worauf es hinausläuft. Die Videosequenzen sind richtig gut gemacht und die Story hat ein gutes Tempo, einige Überraschungen und macht als begeisterter Zocker von Breath of the Wild richtig Spaß. Es ist die Art von Geschichte, die ich mir für dieses Spiel gewünscht hätte. Mit dem Wissen um das Ende bleibt bei Zeit der Verheerung für mich ein sehr fader Beigeschmack zurück. Trotzdem ist es ein gutes Warriors-Spiel in einem guten Breath of the Wild Kleid, das Spaß macht und locker 30 Stunden und mehr unterhalten kann. Aber es ist leider nicht das, was Nintendo uns suggerieren wollte. Schade!
Grafik
Sound
Steuerung
Spielspaß
Release
Developer
Publisher
USK
20.11.2020
Koei Tecmon
Nintendo
12
Singleplayer
Multiplayer
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