Herzlich willkommen bei Pro vs. Con. In diesem altbekannten Format beantworten zwei Redakteure dieselbe Frage aus zwei Sichten, einer positiv und einer negativ. Am Ende seid ihr eingeladen, eure Meinung zu kommentieren: Auf welcher Seite steht ihr? Wer hat die besseren Argumente? Was sind eure eigenen Gründe?
Heute geht es um die Frage: Sind die klassischen E3-Pressekonferenzen besser als das Direct-Format?
Pro:
Mein erstes Argument Pro-PKs wären die denkwürdigen und legendären E3-Momente, die gerade durch das Format entstanden sind. Seien es echte WTF-Momente, wie die peinliche Konami-PK, oder die E3 von Nintendo 2008, epische Augenblicke, wie Sonys PK 2015 und 16, als u.a. The Last Guardian, Death Stranding oder God of War präsentiert wurden oder auch ganz einfach furchtbar sympathische Situationen, wie die Indies oder die Präsentation von Marios und Rabbids auf der Ubisoft-Bühne. All solche denkwürdigen E3-Momente, die teils in die Geschichte eingingen – positiv wie negativ – blieben vor allem deshalb im Gedächtnis, weil die Situationen A live waren und B auch vom Publikum getragen wurden. Man stelle sich nur mal die Vorstellung von Twilight Princess in einer Direct vor… Keine Reaktionen, kein gar nichts… Deshalb glaube ich, dass diese Magic-Moments vor allem aufgrund der PKs, gekoppelt natürlich mit den Spielen selbst, entstanden sind. Denn mal ehrlich, wie viele Wow-Momente hattet ihr in einer Direct, bzw. wie viele hattet ihr, die auf einer richtigen E3-Konferenz nicht um einiges cooler gewesen wären? Also ich keinen einzigen…
Einen Aspekt, den man bei der E3 und damit auch bei den PKs allgemein nicht vergessen darf, ist die starke Medien-Präsenz! Wenn auf der E3 ein großes Spiel angekündigt wird, dann berichten davon nicht nur die GameStar, GIGA oder auch wir, sondern selbst Redaktionen, die sonst sehr wenig bis gar nichts mit Videospielen am Hut haben. Das hebt natürlich das ganze Medium in meinen Augen auf ein ganz anderes Niveau und gibt Videospielen die Aufmerksamkeit, die sie auch verdienen. Wenn dann auch noch Spiele angekündigt werden, die besonders sind, ist die Aufmerksamkeit geradezu gigantisch! Deshalb sind die „klassischen“ Pressekonferenzen auch für die Videospiele im Allgemeinen ein Fortschritt und wichtig. Ganz zu schweigen davon, dass während der E3 jedes Spiel und jeder Publisher besondere Scheinkraft besitzt, aber das sollte für niemanden neu sein.
Als letztes komme ich zu dem in meinen Augen wichtigsten Argument für die E3 und Videospiel-Pressekonferenzen: Die Atmosphäre! Wie schon bei den Momenten angesprochen, ist die Zuschauerschaft für mich ein ganz starker Faktor! Wem es aufgefallen ist, all meine Argumente hängen miteinander zusammen und das eine führt zum anderen. Wenn ich so z.B. an die Reaktion des Publikums zurückdenke, als Kojima nach der Konami-Affäre auf die Sony-Bühne trat, um sein neues Spiel zu präsentieren und die gesamte Zuschauerschaft ausgerastet ist, dann bekomme ich jetzt noch Gänsehaut! Oder eine Situation der diesjährigen E3: Der Auftritt von Keanu Reaves bei Cyber Punk 2077. Wäre dieser vor einen weißen Hintergrund in einer Direct gewesen und hätte irgendeinen Text abgelesen, dann wären die Resonanzen wohl kaum so enorm und vor allem positiv gewesen! Es war das Zusammenspiel eines sehr sympathischen Schauspielers, das Spiel selbst und eben die Reaktionen der anwesenden Personen! Diese Synergie machte diesen Moment so besonders und für viele zu einem der sympathischsten dieser E3! Und davon hat schlussendlich auch das Spiel profitiert, da großflächig über seinen Auftritt berichtet worden ist. Wäre dies aber wie eben ein Direct-Auftritt gewesen, hätte es keinen wirklich interessiert.
Con:
Auch wenn ich grundsätzlich ein Freund der traditionellen Pressekonferenzen bin und die Vorteile sehe, bin ich doch unterm Strich für das neue Format der Directs. Und damit meine ich ganz bewusst nicht die Tatsache, dass dieses Format von Nintendo mehrfach im Jahr benutzt wird, um regelmäßig etwas zu zeigen. Mir geht es in meiner Argumentation ausschließlich um die E3, und dass ich auch dort die Direct geeigneter finde als eine Pressekonferenz. Aber warum?
Vor allem zählt für mich das Argument der Vorproduktion und der sich daraus automatisch ergebenden Kompaktheit des Formats. Ich habe dieses Jahr auf der E3 nur Microsoft und Nintendo „live“ verfolgt und muss sagen, dass mir die vollgepackten 45 Minuten von Nintendo deutlich besser gefallen haben, als die mit vielen (kurzen) Pausen versehene, deutlich längere Live-Präsentation von Microsoft. Klar, auch ein Live-Auftritt wird geprobt und kann so perfekt geplant werden, dass es an ein vorproduziertes Format herankommt, aber für die breite Masse an Zuschauern im Internet ist das kein Vorteil. Wir sitzen vor dem Rechner oder Fernseher und schauen zu. Wir sehen eine zweidimensionale Übertragung und die ist bei einer Direct genau auf die Bedürfnisse der Zuschauer angepasst. Bei einer Live-Show müssen immer auch die Zuschauer im Saal begeistert werden und selbst wenn der Funke überspringt, für den Großteil der Leute im Netz verpufft der Effekt.
Womit ich bei meinem zweiten Argument wäre: Atmosphäre bei einer Live-PK. Ja, die gibt es ohne Zweifel, aber hauptsächlich im Saal, in dem die Veranstaltung stattfindet. Klar, auch ich habe in meinen Live-Reaktionen gesagt, dass ich es cool gefunden hätte, wenn beim Trailer zu Breath of the Wild 2 die Menge im Saal ausgeflippt wäre wie bei Twilight Princess damals. Das hätte meine persönliche Begeisterung für die Ankündigung aber nicht verändert. Und mittlerweile bin ich zu der Erkenntnis gekommen, dass das wohl für viele andere auch gilt. Ja, es ist schön echte Begeisterung live zu erleben, aber das echte Gefühl hat man nur, wenn man wirklich vor Ort ist. Für 99% der Zuschauer, die nun mal nicht vor Ort, sondern per Internet zuschauen, hält sich der Mehrwert in meinen Augen in Grenzen. Nicht zuletzt auch dann, wenn der Veranstalter es übertreibt und die Zuschauer selbst bei Kleinigkeiten zum Ausflippen animiert werden. Dann kippt die Wahrnehmung im Netz nämlich ganz schnell – und der Schuss geht nach hinten los. Da habe ich lieber die Atmosphäre im Internet mit Live-Reaktionen oder schaue mir das zusammen mit meinen Kollegen an. Das macht viel mehr Atmosphäre für mich persönlich aus.
Zuletzt das Argument der Reichweite. Ja, die E3 strahlt weit über die klassischen Videospiel-Medien hinaus. Aber für diesen Effekt ist vor allem der Messeauftritt selbst und nicht die Pressekonferenz / Direct zuständig. Wirklich gute Berichte gibt es nur, nachdem die Journalisten selbst Hand anlegen konnten. Und das können sie auf der Messe und dann bei Nintendos üblicher Tour durch Europa mit den Spielen, die auf der E3 waren. Damit erreichen sie die richtigen Pressevertreter, die über die Spiele berichten. Ob die Pressekonferenz im Kodak Theater stattfindet oder bei Nintendo aufgezeichnet wurde, ändert daran nichts. Beide Formate werden live ins Internet übertragen und damit haben sie theoretisch auch dieselbe Breitenwirkung. Jeder mit einem Internetanschluss kann sich das anschauen. Die Direct ist dabei im Zweifel sogar überlegen, weil die aufgrund der Kürze viele vermutlich auch später noch gucken – man muss sich nur mal die Zuschauerzahlen bei Nintendo Deutschland anschauen. Also: Wie viele Views haben da die Videos normalerweise und wie viele haben die E3 Directs? Da sieht man, dass das Format auch eine Breitenwirkung erzielt.
Und jetzt seid ihr dran: Auf welcher Seite steht ihr? Wer hat die besseren Argumente? Was sind eure eigenen Gründe?
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